Wenn der Job krank macht

80 Erkrankungen sind vom Gesetzgeber inzwischen als Berufskrankheiten anerkannt

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Foto: ©depositphotos.com/@olly18

Einem Beruf nachzugehen, kann erfüllend sein. Der Arbeitsplatz ermöglicht es, seine Talente auszuleben, viele Jobs bringen mit interessanten Menschen in Kontakt. Doch Arbeitsplätze können auch krank machen. Friseurinnen ruinieren sich nicht selten die Haut. Auch Chemikalien wie Blei, Quecksilber oder Chrom haben teilweise verheerende Auswirkungen.

„Wobei nicht alles, was am Arbeitslatz krank macht, auch eine Berufskrankheit ist“, erklärt der Würzburger Gewerbearzt Dr. Arno Endrich. Über seinen Schreibtisch im Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Unterfranken laufen alle Verdachtsfälle auf eine Berufskrankheit, die Beschäftigte aus ganz Unterfranken bei ihrer Berufsgenossenschaft anzeigen. Die verschiedenen Berufsgenossenschaften leiten die Akten dann an Dr. Endrich weiter.

In Bayern, so der promovierte Internist, sei es, anders als in anderen Bundesländern, Usus, dass die Gewerbeärzte bei der Beurteilung jeder einzelnen Berufskrankheit zurate gezogen werden. Sie geben ein Votum ab, das von den Berufsgenossenschaften meist anerkannt wird. Rund 1.000 Fälle hat Endrich jährlich zu begutachten. Was eine Berufskrankheit ist, wird vom Gesetzgeber nach strikten Kriterien definiert.

„Bei Weitem nicht jede berufsbedingte Erkrankung ist auch eine Berufskrankheit“, erläutert Endrich. Beispielsweise kann eine Altenpflegerin beruflich so stark beansprucht sein, dass sie einen Burnout erleidet. Auch wenn der Zusammenhang zwischen dem seelischen Leiden und dem Job auf der Hand liegt, handelt es sich in diesem Fall nicht um eine Berufskrankheit.

Keinerlei psychische Erkrankungen, so Arno Endrich, sind bisher in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt. Das ist für viele Berufstätige nicht leicht, zu akzeptieren. Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass eines Tages auch seelische Krankheiten aufgenommen werden, so Behördenleiter Dr. Günther Gaag.

Die Liste, die aktuell 80 Berufskrankheiten umfasst, wird ständig erweitert und konkretisiert. So ist es seit drei Jahren möglich, weißen Hautkrebs als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Im vergangenen Jahr hatte Dr. Endrich 147 Hautkrebsfälle zu begutachten. In 92 Fällen kam er zu dem Schluss, dass es sich den Kriterien zufolge tatsächlich um eine Berufskrankheit handelt. Das ist eine hohe Anerkennungsquote.

Über alle Berufskrankheiten hinweg wird im bundesweiten Durchschnitt nur jede vierte angezeigte Berufskrankheit am Ende anerkannt. Das Anerkennungsverfahren kann bis zu zwei Jahre dauern. Und oft, gibt der Gewerbearzt zu, bringe es den Betroffenen materiell am Ende nicht viel. Reha-Maßnahmen zum Beispiel werden auch dann finanziert, wenn eine Berufskrankheit droht – also ganz unabhängig von einer Anerkennung.

Für die Gewerbeaufsicht ist es wichtig, zu wissen, was die Menschen am Arbeitsplatz krank macht. „Dann können wir präventiv tätig werden“, so Dr. Gaag. So wissen die Gewerbeaufseher aus Endrichs Statistik, dass Lärm am Arbeitslatz nach wie vor der häufigste Grund ist, warum Menschen krank werden.

Mit fast 300 Fällen aus Unterfranken hatte es der Gewerbearzt 2017 zu tun. Bei über der Hälfte lag nach seinen Untersuchungen tatsächlich eine berufsbedinge Lärmschwerhörigkeit vor.

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