Von A wie Albanien bis Z wie Zaire

Ausländische Pflegekräfte halten unser Gesundheitssystem am Laufen. Erald Domi, ein junger Mann aus Albanien ist nur ein Beispiel von Vielen

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©Erald Domi privat

Offen, voller Mut und vor allem Zuversicht ist Erald Domi, als er mir seine Geschichte erzählt. Der 35-jährige Familienvater kam Anfang 2024 aus Albanien nach Deutschland, um hier ein neues Leben zu beginnen. Und das tut er! Erst vor wenigen Wochen hat er einen sechsmonatigen Anerkennungskurs bei Julius Care in Kooperation mit dem Klinikum Würzburg Mitte (KWM) absolviert und nun seine Ehefrau und Tochter aus Albanien nach Deutschland geholt. Jetzt ist er ein nach deutschen Standards qualifizierter Gesundheits- und Krankenpfleger und bereichert das KWM mit Erfahrung und Fachwissen. Erald Domi hat viel erlebt. 15 Jahre lang war er bei der Armee und hat hier seinen Universitätsabschluss als Krankenpfleger erworben. Seine erste Station führte ihn auf ein Militärschiff, wo er drei Jahre lang für die Gesundheit der Besatzung zuständig war. Zwei Mal ging es auf Nato-Mission nach Syrien. Nicht ganz ungefährlich, wie er erzählt. Doch Domi wollte mehr. In Albaniens zweitgrößter Stadt Durrës arbeitete er als Freiwilliger. Dort war er in der Notaufnahme des Hauptkrankenhauses eingesetzt. „Ich wollte meine Kenntnisse vertiefen“, erinnert er sich. Zweieinhalb Jahre verbrachte er in der mikrochirurgischen Abteilung. Doch auch dort waren die Aufstiegschancen begrenzt. Offen sprach er mit Freundinnen und Freunden und Bekannten, die bereits im Ausland lebten, über seinen Wunsch, fern der Heimat sein Glück zu suchen. Er wog sorgfältig ab und ließ sich nicht von falschen Versprechungen leiten. Vor drei Jahren fiel eine Entscheidung. Er geht nach Deutschland! Davon konnte er nach anfänglichem Zögern auch seine Frau überzeugen. „Weil es hier Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, die in meiner Heimat nicht gegeben sind. Und eine bessere Zukunft für meine Familie möglich ist“, sagt er über Deutschland. Vor allem Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit schätze er sehr. Domi hat sich gut auf sein neues Leben vorbereitet. Noch in der Heimat absolvierte er einen Sprachkurs und suchte sich eine seriöse Vermittlungsagentur. Als schließlich Würzburg ins Spiel kam, informierte er sich – und war sofort begeistert. „Die Stadt gefiel mir auf Anhieb“, sagt er. Sie sei klein, ruhig, übersichtlich und voller Studentinnen und Studenten. „Es ist eine perfekte Stadt für eine Familie.“ Die Zeit bis zur Zusage, aber auch der Umzug sei aufregend gewesen. Schließlich begab er sich auf völlig fremdes Terrain. Umso dankbarer sei er für die Unterstützung, die ihm unter anderem von Rebecca Schwenkert vom Pflege- und Funktionsdienst des KWM und zuständig für ausländische Pflegekräfte zuteil wurde. Der studierte Diplom-Krankenpfleger musste sich umstellen – nicht nur im Privatleben. Das deutsche Gesundheits- und Rechtssystem unterscheidet sich wesentlich von dem in Albanien. Auch seine Aufgaben im Job sind andere. „In den albanischen Krankenhäusern sind Pflegerinnen und Pfleger nicht für Körperpflege zuständig. Das machen die Angehörigen“, erklärt er. „Mir gefällt es aber, diese neuen Tätigkeiten auszuüben“, sagt er. Gleiches gelte für neue Methoden und Materialien, etwa bei der Wundversorgung, die er hier verwenden dürfe. Mit den Kolleginnen und Kollegen, ebenso mit den Patientinnen und Patienten komme er sehr gut zurecht. Alle seien ihm offen begegnet. Vorurteile habe er nicht erfahren. „Ich bin gut angekommen“, resümiert er. Das kann auch Maria Schmitt, Fachbereichsleiterin Anerkennung bei Julius Care, der Berufsfachschule für Pflege der Stiftung Juliusspital, bestätigen. Seit Anfang des Jahres gibt es den neu aufgebauten Fachbereich für die berufliche „Anerkennung internationaler Pflegefachkräfte“. Seit März führt Julius Care unter der Schulleitung von Karen Peuser als zertifizierter Anbieter Vorbereitungslehrgänge mit abschließenden staatlich anerkannten Kenntnis- und Eignungsprüfungen für die berufliche Anerkennung in Deutschland durch. Der Unterricht für die internationalen Fachkräfte erfolgt kompetenz- und situationsorientiert. Nachdem die grundlegenden theoretischen Inhalte vermittelt wurden, wird dieses Wissen anhand von praxisorientierten Fällen mit der jeweiligen Schwerpunktsetzung im Bereich Altenpflege- oder Krankenpflege angewendet. Am Ende stehen eine umfassende Kenntnisprüfung, die sich aus einer mündlichen Prüfung sowie einer Praxisprüfung zusammensetzt. „Wir arbeiten in Theorie und Praxis eng mit den Einrichtungen – wie im Fall von Erald Dom mit dem KWM – zusammen“, erklärt Maria Schmitt, die sich permanent mit Rebecca Schwenkert austauscht, um optimale Ergebnisse zu erzielen. „Es ist nicht nur reine Theorie, wir schauen, was den Teilnehmenden konkret in der Praxis hilft, um sich gut in die Station zu integrieren“, erklärt sie mit Blick auf den neuen, im November startenden Kurs, der dann erstmals im Drei-Wochen-Schule-, Drei-Wochen-Praxis-Turnus stattfindet. Erald Domi ist schon einen Schritt weiter – und voller Motivation, seine Fähigkeiten weiter auszubauen. „Ich möchte helfen“, betont er immer wieder. „Ich möchte hier im Krankenhaus mit seinen vielen Möglichkeiten arbeiten.“ Breit aufgestellt ist das Haus nicht nur thematisch. „Bei uns arbeiten 278 Beschäftigte aus 70 Nationen allein im KWM“, informiert Schwenkert. Mitarbeitende kämen vor allem aus Rumänien und Albanien, aber auch aus Syrien und der Türkei. Im jüngsten Anerkennungslehrgang, ergänzt Schmitt, seien Menschen aus Tansania, Albanien, Indien und Bosnien vertreten gewesen. „Das Ganze ist eine Win-Win-Situation“, betont sie mit Blick auf den Zuwachs an Fachkräften und die neuen Perspektiven, die diese Menschen mitbringen. Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth kann ihrer Einschätzung nur beipflichten. „Internationale Arbeitskräfte sind aus unseren Gesundheitseinrichtungen und auch aus unserem Weingut nicht mehr wegzudenken – sie sind unverzichtbar geworden.“ Insgesamt seien in der Stiftung Mitarbeitende aus 33 Ländern tätig. Im Weingut läge der Schwerpunkt auf Fachkräften aus Rumänien und Polen, während im Pflegeheim eine kulturelle Vielfalt von A wie Albanien über Jamaika, Kongo, Kuba, Somalia und viele weitere Länder bis Z wie Zaire herrsche. „Das Schöne ist, dass diese Vielfalt bei uns gut integriert ist und auch bei den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Patientinnen und Patienten gut ankommt. Ein gegenseitiges Verstehen ist dabei essenziell, weshalb wir regelmäßig Deutsch-Kurse zur Verbesserung der Sprachkenntnisse anbieten.“ Als Stiftung und Klinikum sei man offen für die Beschäftigung internationaler Arbeitskräfte, betont er. „Ein äußeres Zeichen dieser Offenheit sind die blauen Schafe, die seit vielen Jahren als Kunstobjekte in unserem historischen Innenhof stehen. Sie stehen für Toleranz und Offenheit gegenüber allen Menschen, unabhängig von Hautfarbe, kultureller Herkunft oder sozialer Stellung.“ In der Stiftung sei man dankbar für jede helfende Hand, egal woher sie komme.

www. julius-care.de

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