Das 2. Würzburger Forum Bevölkerungsschutz (WüFoBEST), eine gemeinsame Veranstaltung des Uniklinikums und des Bezirksverbandes des Bayerischen Roten Kreuzes thematisierte mit interdisziplinärer Besetzung diverse Herausforderungen und Lösungen bei Großschadenslagen an Krankenhäusern, Verkehrswegen, Energieversorgungsanlagen und weiteren kritischen Infrastrukturen.
Der Strom fällt aus, der Computer fährt nicht hoch und das Handy hat keine Akku-Kapazität mehr – jeder kann sich vorstellen, welche Konsequenzen das hat. Ein Tag, zwei Tage – mit zunehmender Dauer werden die Probleme größer und größer. Bedenkt man die Folgen, die ein Stromausfall für den Alltag hat, kann man sich leicht vorstellen, vor welche Probleme wichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser gestellt werden, wenn selbst das Notstromaggregat keinen Strom mehr liefert. Aber nicht nur ein Stromausfall kann unsere hochkomplexe Gesellschaft ins Wanken bringen. Verkehr, Kommunikation, IT und die Gesundheitsversorgung gehören ebenso zu den Sektoren der sogenannten Kritischen Infrastruktur in Deutschland. Was passiert, wenn diese ausfallen oder beschädigt werden und wie diese Schadenslagen bewältigt werden können, war Thema des 2. Würzburger Forums Bevölkerungsschutz.
Das im vergangenen Jahr von der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW) und dem Bezirksverband Unterfranken des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) ins Leben gerufene Konferenzformat erlebte am 11. Januar 2020 eine Neuauflage unter dem Titel „Großschadenslagen an kritischer Infrastruktur“. Bei der Veranstaltung kamen 260 Teilnehmer/innen im Hörsaal des Zentrums Operative Medizin des UKW zusammen.
Eröffnet wurde das mit multiprofessionellen Referenten ausgestattete Forum von Prof. Dr. Ralf.-Ingo Ernestus. Der Stellvertretende Ärztliche Direktor des UKW betonte: „Im Universitätsklinikum als Krankenhaus der höchsten Versorgungsstufe sind wir uns der speziellen Verantwortung in diesem äußerst sensiblen Bereich des Katastrophenschutzes sehr bewusst – eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Partnern ist uns daher ein besonderes Anliegen.“ Harald Erhard, Bezirksgeschäftsführer des BRK Unterfranken, zeigte sich begeistert von der Vielzahl der überregionalen ehrenamtlichen Teilnehmer aus den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben: „Das ist unsere Basis für einen funktionierenden und modernen Bevölkerungsschutz“.
Weitere Grußworte sprachen Manfred Ländner, Mitglied des Bayerischen Landtags, der Würzburger Bürgermeister Dr. Adolf Bauer, Jochen Lange, Vizepräsident der Regierung von Unterfranken, und Prof. Dr. Peter Sefrin, Landesarzt des BRK.
Realitätsnahe Übungen an Krankenhäusern wichtig
Anschließend zeigte Detlef Cwojdzinski in seinem Vortrag, mit welchen Maßnahmen Krankenhäuser als Teil der kritischen Infrastruktur sicherer werden können. Der Katastrophenschutzreferent der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung aus Berlin betonte, dass dazu eine detaillierte und zielgerichtete Planung sowie ein sorgfältiges Abschätzen der Risiken erforderlich sind. Er hob dabei die große Bedeutung von realitätsnahen Übungen hervor. Verdeutlicht wurde dies durch ein Video, das eine Übung zeigte, in der ein Terroranschlag auf ein Berliner Krankenhaus simuliert wurde.
Was passiert bei tagelangem Stromausfall?
Keine Übung, sondern drastischer Ernstfall war der über 30-stündige Stromausfall in Berlin-Köpenick im Februar 2019. Hardy Häusler, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Berlin Schöneberg-Wilmersdorf e.V., und Dr. Thomas Becker, Katastrophenschutzbeauftragter der DRK Kliniken Berlin, schilderten beim Würzburger Forum, welche dramatischen Auswirkungen der Blackout auf den Stadtteil und ein direkt betroffenes Krankenhaus hatte.
Verschüttete medizinisch richtig versorgen
Bei Erdbeben, Brücken- oder Gebäudeeinstürzen werden vielfach Menschen verschüttet. Privatdozent Dr. Hendrick Jansen, Stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie des UKW, referierte anhand von Fallbeispielen die hervorragenden Möglichkeiten einer speziellen medizinischen Versorgung am UKW.
Verkehrslenkung mit Hochtechnologie
Eine weitere Herausforderung bei Großschadensereignissen kann die Verkehrslenkung sein. Ronald Nippold vom Institut für Verkehrstechnik und Verkehrsmanagement des Deutsches Zentrums für Luft- und Raumfahrt (Berlin) beschrieb in seinem Vortrag, wie hochmoderne Technologien hier einen wichtigen Beitrag leisten können – und darüber hinaus auch alltägliche „Einsatzfahrten mit Sondersignal“ schneller und sicherer machen können.
Drohnen als Hilfsmittel im Bevölkerungsschutz
Eine „fantastische Technik zum Nutzen aller Einsatzkräfte beim Bevölkerungsschutz“ sind laut Dr. Michael Judex Drohnen. Der Referatsleiter vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Bonn) verdeutlichte, wie sich die unbemannten Flugobjekte in ein Einsatzgeschehen integrieren lassen. Außerdem erläuterte er die Entwicklung von Normen im Umgang mit Drohnen und die zukünftige Verwendung bei Einsätzen.
Erfahrungen aus Bränden an kritischer Infrastruktur
Uwe Kippnich von der Landesgeschäftsstelle des BRK (München) nutzte die Berichte von zwei Brandereignissen an kritischer Infrastruktur, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse für alle Einsatzkräfte und im Speziellen zur Einsatztaktik vorzustellen.
Helmut Sattler von der Berufsfeuerwehr Würzburg (Amt für Zivil- und Brandschutz der Stadt) und Dr. Maximilian Kippnich von der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie des UKW präsentierten innovative Konzepte zur Bewältigung von großen Schadenslagen. Konkret beschrieben sie zwei erfolgreich am UKW durchgeführte Projekte: die Einrichtung eines besonderen Dekontaminationsplatzes und der Aufbau eines Behandlungsplatzes in den Räumen des Klinikums.
Am Ende zeigte sich Prof. Dr. Thomas Wurmb, Leiter der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin des UKW und einer der Organisatoren des WüFoBEST, sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung: „Wenn man sieht, wie viele Experten aus den verschiedensten Bereichen heute dabei waren, um das Thema Bevölkerungsschutz aktiv voranzubringen, dann macht das Mut für die Herausforderungen der Zukunft.“