40.000 Amputationen pro Jahr in Deutschland sind es, bei denen Diabetes mellitus Typ 2
mitschuldig ist. Darüber hinaus beherbergt der „Alterszucker“ ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen oder Erblinden (diabetische Retinopathie).
Es kann ein „Selbstmord auf Raten“ sein, bei dem derzeit jeder vierte Deutsche über 65 gleichzeitig Opfer und Täter ist. Wie man die Abwärtsspirale der Folgeerkrankungen dieser augenscheinlichen Zivilisationskrankheit aufhalten, und selbst zum Retter seiner Gesundheit werden kann, zeigen immer mehr Diabetes-Initiativen, wie die Diabetes-Suveillance-Allianz, initiiert vom Robert-Koch-Institut1, überregional und etwa die Beteiligung der Theater-Apotheke in Würzburg an der Glicemia 2.0.-Studie („glicemia“, italienisch: „Blutzucker“) regional.
Dr. Helmut Strohmeier betreute als einziger Apotheker in Würzburg über einen Zeitraum von 12 Monaten, 15 Typ-2-Diabetes-Patienten im Alter von 45 bis 85 mit Übergewicht, mindestens drei Medikamenten und einem HbA1c-Wert über 7 Prozent. „Ziel war es, durch Aufklärung und Motivation zur Lebensstiländerung, die Zuckerwerte zu senken und das Übergewicht zu reduzieren“, berichtet Dr. Strohmeier von den ersten Ergebnissen der Studie, an der bayernweit 26 Apotheken beteiligt waren. Das sei bei fast allen Teilnehmern seiner Einheit gelungen.
„Bei einem sind die Werte unverändert geblieben und drei mussten wegen Folgeerkrankungen die Studie abbrechen. Alle anderen konnten Körpergewicht, teilweise um über fünf Prozent abbauen (bei gleichzeitigem Muskelaufbau) sowie den HbA1c-Wert um bis zu 3,2 Prozentpunkte senken“, konstatiert der Apotheker. Die kontinuierliche Betreuung der Probanden beinhaltete sechs Vorträge unter anderem über die Krankheit selbst, die Wichtigkeit von Ernährung und Bewegung bei Typ-2-Diabetes oder die Bedeutung von Antidiabetika.
Darüber hinaus stand Dr. Strohmeier, zu persönlichen und telefonischen Beratungsgesprächen zur Verfügung und selbstredend zu Blutzuckermessungen. Ein Aha-Erlebnis machten die Teilnehmer gleich im Anschluss an den ersten Vortrag: „Wir gingen zu Fuß von der Apotheke zum Rathaus und wieder zurück, vorher wurde der Blutzucker gemessen und hinterher auch. Die Werte gingen bei allen nach dem 30-minütigen Fußmarsch um bis zu 40 Einheiten nach unten“, so der Studienleiter in Würzburg.
Diabetes Typ 2 oder ein Vorstadium tritt oft im Paket mit erhöhtem Blutdruck, Übergewicht und erhöhtem Cholesterin (Fettstoffwechselstörung) auf. Mediziner sprechen hier vom metabolischen Syndrom oder auch „tödlichen Quartett“. „Diese Krankheiten treten immer wieder zusammen auf“, so Dr. Strohmeier, „weil sie gleiche Ursachen haben. Dabei addieren sich die Risikofaktoren für Folgeerkrankungen nicht einfach, sondern sie multiplizieren sich!“.
Übergewicht begünstige die Negativentwicklung, da das Fettgewebe Botenstoffe ausschütte, so dass die Zellen kaum mehr auf Insulin reagieren. Das Hormon der Bauspeicheldrüse schleust den Zucker aus dem Blut in die Zellen, die daraus Energie gewinnen und zum Teil speichern. Auch Bewegungsmangel leiste Insulinresistenzen Vorschub.
Da es bei Diabetes zu einer nachhaltigen Schädigung der kleinen und großen Gefäße kommt, ist diese Erkrankung Hauptursache nicht nur für dialysepflichtiges Nierenversagen, sondern auch für ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen, sprich es gibt deutlich mehr Schlaganfälle und Herzinfarkte bei Typ-2-Diabetikern. Daher sei die Optimierung des Blutdrucks neben der Zuckereinstellung von elementarer Bedeutung für Patienten mit Diabetes Typ 2. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) rät beim Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c einen Korridor von 6,5 bis 7 Prozent anzustreben.
Beim Blutdruck sei der Konsens derzeit bei 120/80 mmHg. Diabetes ist eine Krankheit der Wohlstandsgesellschaft, die den Überfluss lebt und so den „honigsüßen Durchfluss“ („mellitus“, lateinisch: „honigsüß“ und „diabétes“, griechisch: „durchfließen“) verursacht – und das laut DDG in einem „epidemieartigen Ausmaß“. Um sich selbst zu retten bedarf es oft unterstützend „nur“ einer Lebensstiländerung mit mehr Bewegung (5x 30 Minuten zusätzlich in der Woche) und mediterraner Vollwertkost (viel Gemüse und Obst, wenig tierische Fette, wenig Zucker und wenig schnell verfügbare Kohlenhydrate).
Wichtige Voraussetzung ist aber immer die medikamentöse Einstellung mit Antidiabetika durch den behandelnden Arzt!
Aufgrund der positiven Ergebnisse bei seinen Probanden wird Helmut Strohmeier über die Studie hinaus, Kurse für Typ-2-Diabetiker anbieten, um Betroffenen einen Rettungsring zuzuwerfen, mit dem sie sich selbst aus ihrer misslichen Lage befreien und aktiv Retter ihrer Gesundheit werden können!
Quelle: 1www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Diabetes_Surveillance/diab_surv_node.html