Wir erleben gerade ein leises Krankenhaussterben, in Form eines kalten Strukturwandels. Gerade im ländlichen Raum wird die Versorgungssicherheit dadurch gefährdet. Laut Statistischem Bundesamt musste in den vergangen 20 Jahren jedes fünfte Krankenhaus hierzulande schließen1. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) geht von weiteren Insolvenzen aus, da die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angestrebte Krankenhausreform nach der Meinung des DKG-Vorstandsvorsitzenden Gerald Gaß frühestens 2027 greifen werde.
Die Geschäftsführerin der Main-Klinik in Ochsenfurt, Eva von Vietinghoff-Scheel, sieht das ähnlich und kritisiert am 15-seitigen Eckpunktepapier Lauterbachs vor allem, dass wieder aus der „Sicht des Geldes“ gedacht wurde – wie schon bei der Einführung der Fallpauschalen (DRGs). Als Vorständin des Kommunalunternehmens des Landkreises müsse sie auch wirtschaften, aber: „Auf der Prioritätenliste ganz oben steht: Die Menschen müssen gut versorgt sein. Dann kommen erst die Zahlen. Nicht umgekehrt!“
Das Eckpunktepapier sieht etwa eine Relevanzprüfung der Kliniken vor, die sich im Umkreis von 30 Kilometern zu Maximalversorgern befinden. Das schlösse die Main-Klinik Ochsenfurt mit rund 20 Kilometern Entfernung zur Uniklinik Würzburg (UKW) mit ein. Eva von Vietinghoff-Scheel gibt zu bedenken, dass Patient:innen aus dem Ochsenfurter Gau, die schon 20 Minuten in die Main-Klinik fahren müssten, dann im Notfall 40 bis 45 Minuten zum UKW unterwegs wären. Auch die jetzt schon schwierige Situation von Rettungsfahrzeugen, die umherirren, um eine Klinik zu finden, die nicht abgemeldet ist, in die sie ihre Notfallpatient:innen bringen dürfen, würde sich nochmal verschärfen, so die Juristin. Patient:innen dürften bei den anvisierten Reformen im Krankenhauswesen im wahrsten Sinne des Wortes nicht auf der Strecke bleiben. Für „ihre“ Klinik mache sie sich dennoch nicht so viele Sorgen: „Wir sehen täglich, dass wir als regionaler Grund- und Regelversorger gewünscht und gebraucht werden. Von den Patient:innenzahlen sind wir auf Vor-Corona-Niveau. Das ist großartig! Und wir haben mit dem Landkreis als Träger einen starken Partner, der hinter uns steht.“ Durch diese „Relevanzprüfung“ und das sogenannte „Transparenzgesetz“ (hier will der Bund Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken ins Internet stellen) dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, so Eva von Vietinghoff-Scheel, dass nur die großen Kliniken gute Ärzt:innen haben und Behandlungsqualität liefern … das stimme nämlich nicht! Positiv
hingegen bewertet Eva von Vietinghoff-Scheel die geplante Abwendung von den DRGs bei der Reform hin zu Erstattung von 60 Prozent der Vorhaltekosten je Krankenhaus. Die Feuerwehr werde ja auch bezahlt, wenn es nicht brennt, so müsse es bei den Kliniken ebenfalls sein. Allerdings moniert sie, dass bei dieser Zahl auch das Pflegebudget mit eingerechnet wurde, welches bislang gesondert gewährt wurde. Auch in der gewünschten „Ambulantisierung“ sieht Eva von Vietinghoff-Scheel Potenzial, allerdings erst, wenn die Weiterversorgung von Patient:innen in der Kurzzeitpflege oder durch ambulante Dienste lückenlos gegeben sei. Daran kranke es aber auch. Die Betreuung nach einem Krankenhausaufenthalt, gerade bei alten multimorbiden Menschen, sei vielfach nicht gewährleistet. Eva von Vietinghoff-Scheel: „Wir können doch nicht die frisch operierten Menschen einfach auf die Straße stellen.“ Es scheint noch ein weiter Weg zu sein hin zu einer Krankenhausreform, die den Menschen, nicht den Mammon in den Mittelpunkt rückt …
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