Nicht aus der Fassung zu bringen

Augenoptikermeister Florian Wagenbrenner über die Materialen, aus denen Brillengestelle gefertigt sind

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In Florenz vermutet man die Wiege der Brille. Ein dort ansässiger Augenarzt soll 1280 erste Sehhilfen mit konvex geschliffenen Linsen für Weitsichtige gefertigt haben. Diese wurden entweder als Monokel oder als Nasenzwicker getragen. Erst 1727 konstruierte der Optiker Edward Scarlett in seiner Werkstatt in London das erste Brillengestell mit Bügeln. Seitdem ist viel passiert. Aus einem Granulat der Wunderbaumbohne werden 2021 hochelastische Brillengestelle mithilfe des 3D-Druckers hergestellt: „Die Brille aus der Bohne des Wolfsmilchgewächses ist nicht nur super leicht und hochelastisch, sondern auch nachhaltig. Der Wunderbaum wächst auch in sehr trockenen Regionen der Erde in vier Monaten bis zu sechs Meter hoch und wirft Hunderte von Bohnen ab“, schwärmt der Würzburger Augenoptikermeister Florian Wagenbrenner vom Fortschritt in der Herstellung zeitgemäßer Brillenfassungen. Der 3D-Druck, vorwiegend mit Ausgangsmaterialien wie Kunststoff (Polyamidgranulat) und Titan, schreite rasant voran, hier habe sich in den letzten zwei bis drei Jahren enorm viel getan.

Auch die höhere Individualisierbarkeit der Brillengestelle mit dem 3D-Druck sei ein großer Vorteil. „So kann eine Fassung, die dem Kunden gefällt, beispielsweise mit unterschiedlichen Brückenweiten gedruckt werden und so eine passende Nasenauflage für den Kunden maßgeschneidert werden.“ Gestelle aus Kunststoff (Cellulose-Acetat auf Baumwollbasis) stellen nach wie vor in jedem Segment den Löwenanteil verkaufter Fassungen. Nicht ohne Grund: Die Auswahl in Form und Farbe ist hier immer noch am größten und auch preislich fallen Kunststofffassungen seltener aus dem Rahmen. Ebenso müssten stark Kurzsichtige sich weniger Gedanken um die Ästhetik beim Verbauen der Gläser machen, betont Wagenbrenner. Die Fassungsranddicke eines Kunststoffgestells liege im Durchschnitt bei 4 Millimetern – bei einer Halbrandbrille aus Metall etwa nur bei 1,8 bis 2 Millimetern. Zwar sei Kunststoff nicht ganz so strapazierfähig wie Gestelle aus Titan oder Fassungen aus der Wunderbaumbohne, all diese seien nahezu „unkaputtbar“, so der Optometrist. Andererseits könne man eine Fassung beispielsweise aus Acetat, falls gebrochen, wunderbar reparieren, sodass man die Bruchstelle überhaupt nicht mehr sehe. „Sportbrillen werden wegen der Verletzungsgefahr beinahe ausschließlich aus Kunststoff gefertigt, weil beispielsweise Metall den Träger bei einem Sturz oder Unfall zusätzlich gesundheitlichen Schaden zufügen kann“, berichtet Wagenbrenner.

„Materialien wie Holz und Horn flackern in der Augenoptik immer wieder einmal als Trend auf, spielen aber eher eine untergeordnete Rolle auf dem Fassungsmarkt. Nicht zuletzt, weil Naturmaterialien einer besondere Pflege und eines besonderen Umgang des Trägers mit seiner Brille erfordern“, weiß der Optiker. Die Brille ist längst von der reinen Sehhilfe zum Modeaccessoire und Statussymbol geworden. Gucci und Versace lassen grüßen … Florian Wagenbrenner rät jedoch bei der Auswahl einer Fassung mehr Wert auf Kriterien wie etwa Hautverträglichkeit der Materialen, Qualität der Verarbeitung, Langlebigkeit und Tragegefühl zu legen. Denn zeitlose Schönheit brauche kein ­Label!

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