Mit immerhin noch vier Allgemeinmedizinern war es eigentlich recht gut bestellt um die hausärztliche Versorgung in dem rund 4400 Einwohner zählenden unterfränkischen Städtchen Amorbach. Trotzdem machte sich Rathauschef Peter Schmitt, seit 2006 im Bürgermeisteramt, schon früh Gedanken um die Zukunft der medizinischen Versorgung. Er wurde eine der treibenden Kräfte, als sich acht bayerische Kommunen der Region 2015 zur sogenannten Odenwald-Allianz zusammenschlossen, einem Gebiet mit rund 20.000 Einwohnern. Und: Er machte sich für die Gründung einer Genossenschaft zur hausärztlichen Versorgung stark. Der 2021 eingetragenen „Campus Go e.G.“ hat sich neben den Allianz-Kommunen zudem eine hessische Gemeinde im Grenzgebiet angeschlossen. Im April 2023 nahmen dann die beiden Allgemeinmediziner Dr. Andreas Hickmann (61) und Dr. Peter Chefalo (55) im frisch gegründeten Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) im wenige Kilometer von Amorbach entfernten Schneeberg die Arbeit auf, angestellt sind sie bei der Campus GO e.G. Die Praxis in Schneeberg besteht schon lange, 1992 hatte sich Hickmann in der Kommune als Hausarzt niedergelassen. Bis zu zehn Allgemeinmediziner:innen könnten eines Tages im MVZ arbeiten – und in weiteren Schritten vielleicht auch die:der ein oder andere Fachärzt:in. Dafür hatte Hickmann, selbst Genossenschafter der ersten Stunde, seinen eigenen Sitz aufgegeben. „Mir ist extrem wichtig, dass meine Patient:innen auch in Zukunft gut versorgt sind“, begründet er dies. Ein:e Praxisnachfolger:in war weit und breit nicht in Sicht. Junge Kolleg:innen wollten sich nun mal lieber anstellen lassen. Das genossenschaftlich organisierte, gemeinwohlorientierte Modell sieht Hickmann gleichzeitig als Schritt, ein von einer gewinnorientierten Kapitalgesellschaft gesteuertes MVZ in der Region zu verhindern. Die bestehende Praxis in Schneeberg als „MVZ-Zentrale“ ist laut Bürgermeister und Odenwald-Allianz-Sprecher Peter Schmitt nur eine Übergangslösung. In Amorbach soll auf dem Gelände einer alten Gärtnerei in direkter Nachbarschaft zum Schulcampus ein großes Gesundheitszentrum entstehen, dafür hat die Stadt eine eigene Projektgesellschaft gegründet. Bis zum Frühjahr 2025 soll das Gesundheitszentrum, so der motivierte Plan, bezugsfertig sein. Dorthin wird das MVZ dann umziehen. Neben Hausärzt:innen sollen weitere Gesundheitsanbieter:innen einen großen Teil des ambulanten Versorgungsspektrums abdecken. Im Gesundheitszentrum sind ferner Präventionsangebote geplant, ein Medizinlabor als Akutlabor, eine Praxis für Kinder- und Jugendpsychotherapie, eine Erwachsenenpsychotherapiepraxis, ein Sanitätshaus, eine Apotheke, eine Sozialstation des Caritas-Kreisverbandes, arbeitsmedizinische Dienstleistungen und mehr. Der Begriff „Campus GO e.G.“ mag erst einmal verwirren. Campus hat nicht, wie man vielleicht meinen mag, mit einer Hochschule zu tun, sondern steht für eine medizinische Versorgung an verschiedenen Standorten. Das „GO“ steht für „Gesundheitszentrum Odenwald“. Das neu entstehende Gesundheitszentrum bildet entsprechend nur einen Baustein des neuen MVZ. Geplant ist eine dezentrale Struktur mit weiteren Nebenbetriebsstätten in den übrigen Genossenschaftskommunen oder auch Sprechstunden in Gemeinden ohne eigene Hausärzt:innen. Auch ist eine telemedizinische Vernetzung mit den drei Universitätskliniken in Würzburg, Heidelberg und Frankfurt angedacht.
Neue Versorgungsstruktur: das Gesundheitszentrum
Mit einer Gesundheits-Genossenschaft will man in Amorbach zunächst die ärztliche Versorgung sicherstellen
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