Mütter nach der Geburt – Schwierig erlebte Geburten verarbeiten

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Kompetente Referentinnen rund um das Thema Geburtshilfe gestalteten den Fachtag „Mütter nach der Geburt. Schwierige Geburten verarbeiten“ am Landratsamt Würzburg (v.l.): Annemarie Matt-Wendel, Dr. Cosima Fröhlich, Dr. Andrea Gehrmann, Organisatorin Gabriele Rottmann-Heidenreich (Staatliche Schwangerschaftsberatungsstelle), Marianne Ahmed und Dagmar Weimer. Foto: Eva Schorno

Über die Geburt eines Kindes wird meist in Pastelltönen, in zartem Rosa oder Hellblau geredet. Wenn es aber so ganz anders war, wenn die Mütter die Geburt als schwierig, belastend oder gar als traumatisch erlebten, ernten sie von der Umwelt wenig Verständnis oder ihr Empfinden wird bagatellisiert. „Hauptsache, das Kind ist da!“ oder „Danach sind alle Schmerzen vergessen“ hören fast alle Mütter.

Dabei können negative Geburtserlebnisse nicht nur seelische Verletzungen bei der Mutter (und beim anwesenden Vater) bewirken, sondern manchmal auch tiefgreifende Beziehungsstörungen zum Kind verursachen. Diese Zusammenhänge und Hilfestellung zur Verarbeitung aufzuzeigen waren Inhalte eines Fachtages, zu dem die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen am Gesundheitsamt eingeladen hatte.

Die Resonanz war groß; vor Hebammen, Beratungsfachkräften und interessierten Müttern halfen die Referentinnen das Geschehen während der Geburt für Mutter und Kind verstehbar zu machen – sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht. Ausgeführt wurden mögliche Gründe für eine schwere Verarbeitung: Vor allem Kontrollverlust, das Gefühl, den Wehen und/oder auch dem Personal (Hebammen, Ärzteschaft) ausgeliefert zu sein und selbst keinen Einfluss auf das zu haben, was in ihnen und um sie herum passiert, erleben einige Frauen als traumatisch.

Plötzliche und unerwartete Verläufe wie operative Maßnahmen führen oft zu einer Überwältigung, die nicht selten noch lange Zeit seelisches (und manchmal auch körperliches) Leiden verursacht.

Folgen wie z. B. erhöhter Puls, Kribbeln, kalter Schweiß, Schlaflosigkeit, Muskelanspannung, überhöhte Schreckreaktion, chronische Schmerzen, aber auch Angststörungen, Depressionen bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung können auftreten. Entscheidend ist hier das Erleben der Frau, nicht etwa wie die Geburt „objektiv“ aus Sicht der Helfenden verlief. Auch eine völlig normale, regelrecht verlaufende Geburt kann von manchen Frauen als traumatisch erlebt werden.

Selbst-Fürsorge ist das wichtigste
Im ersten Vortrag mit Fokus auf die Mutter empfahl Dagmar Weimer, Hebamme und Psychologin, viele fürsorgende Maßnahmen für die Mutter, gab Tipps wie sie mit ihren Erlebnissen umgehen kann und sich wieder in ihrem Körper sicher fühlt. Auch ein Nachgespräch mit der Hebamme und der Ärztin, die bei der Geburt anwesend waren, können dem Paar helfen, Erinnerungslücken zu schließen und das Ganze zu verstehen und einzuordnen.

Vom schwierigen Beginn
Auch die Kinder sind durch eine schwierige Geburt oft belastet; manchmal noch sehr lange reagieren sie mit unruhigem Verhalten, Gedeihstörungen oder sonstigen Dysregulationen.

Im zweiten Vortrag „Wenn alles so ganz anders kommt“ führte Anne Matt-Wendel, ebenfalls Hebamme, die Zuhörenden ein in die Emotionelle Erste Hilfe, einer körperorientierten Bindungsarbeit. Hier wird der Mutter und dem Säugling ermöglicht, durch Berührungen und Körperbewegungen den Geburtsvorgang – diesmal in heilsamer Weise – nachzustellen. Die Bindung zwischen Mutter und Kind wird einfühlsam gestärkt und so manches Kind kann beruhigt und in Einklang mit der Mutter gebracht werden.

„Angst vor der nächsten Geburt?“
Im zweiten Teil des Nachmittags stellte die Universitäts-Frauenklinik ihre Angebote der Mutter-Kind-Sprechstunde vor. Dr. Andrea Gehrmann, Psychiaterin, und Dr. Cosima Fröhlich, Gynäkologin, berichteten von vielen Frauen, die bereits während der Schwangerschaft bei ihnen das Gespräch suchten. Insbesondere wenn die Geburt durch einen Kaiserschnitt oder andere operative Maßnahmen beendet werden musste, kommen bei vielen Frauen in der darauffolgenden Schwangerschaft heftige Angstzustände auf, die an der Frauenklinik besprochen, manchmal auch therapiert werden müssen.

Maria Ahmed, leitende Hebamme der Universitäts-Frauenklinik, stellte sich den vielen interessierten Fragen aus dem Publikum und berichtete aus dem mit 2000 Geburten pro Jahr sehr reichen Erfahrungsschatz der Frauenklinik.

Was Mütter nach der Geburt brauchen
Allgemein kann man sagen, dass Mütter (und mancher bei der Geburt anwesende Vater auch) nach einer schwierigen Geburt Hilfe und den Beistand von anderen Menschen brauchen. Einfühlsame Gespräche ohne zu bagatellisieren oder zu bewerten, ein ausreichendes Wochenbett sowie auch praktische Entlastung bei alltäglichen Aufgaben im Haushalt sind für die betroffene Mutter notwendig.

Unterstützung (emotional und praktisch) durch ein schützendes Umfeld sowie Gespräche mit Menschen, die zuhören und den Schmerz verstehen, können helfen; hier wurde bei der Fachtagung insbesondere der Austausch mit anderen Müttern immer wieder gewünscht.

Derzeit sind Planungen zu einer fachlich angeleiteten Gesprächsgruppe für Mütter im Gange.

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