Mit Djemben das Hören lernen

Musiktherapie ebnet Kindern mit Cochlea Implantat den Weg in die akustische Welt

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Das Rehabilitationsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Felix Leitner im CIC Süd Würzburg beinhaltet viel Musik. Foto: Pat Christ

Das ist jetzt aber eine echt haarige Übung: Die drei Kinder, die sich um Felix Leitner ringen, beginnen, mit Congas und Djemben „Ich packe meinen Koffer“ zu spielen. Leitner packt den ersten Rhythmus ein. Seine Nachbarin im Kreis, ein zehnjähriges Mädchen, spielt den Rhythmus nach und packt einen zweiten hinzu. Das nächste Kind muss alle beide Rhythmen nachspielen, bevor es einen dritten „einpacken“ darf. Das klappt nicht ganz. Es gibt Verwirrung. Gelächter.

Jemand ruft: „Das ist falsch!“ Felix Leitner therapiert mit Musik Kinder, die eigentlich gar nicht hören können. Oder die mit einer schweren Hörbehinderung geboren wurden. Ein kleines Gerät namens „Cochlea Implantat“ (CI) ermöglicht es diesen Kindern, das Hören und Sprechen zu erlernen. Das dauert allerdings eine ganze Weile. Es muss viel und diszipliniert geübt werden.

Im Würzburger Cochlea Implantat Center (CIC Süd) lernen Kinder und Jugendliche oft über mehrere Jahre hinweg, sich dien akustische Welt zu erschließen. „Musiktherapie ist ein integraler Bestandteil unserer Rehabilitation“, sagt der in Heidelberg ausgebildete Musiktherapeut, der dem Team des CIC Süd seit sieben Jahren angehört. In seiner Therapie geht Felix Leitner auf die individuellen Bedürfnisse der mit CI versorgten Patienten ein.

Jedes Kind ist auf einem anderen Stand. Das hängt nicht zuletzt davon ab, wann seine Eltern entschieden, ihm ein Cochlea Implantat einsetzen zu lassen. Das geschieht oft ein Jahr nach der Geburt. Manchmal aber auch erst später. Hatte das Kind zuvor nichts gehört, muss es sich die Welt der Geräusche, in die andere Kinder selbstverständlich hineinwachsen, völlig neu aneignen. Bei Felix Leitner lernen die Jungen und Mädchen, verschiedene Instrumente wie Rasseleier, Triangeln, Regenmacher, Xylofone, Congas und Djemben klanglich zu unterscheiden.

Mit CI, so Leitner, seien an sich gehörlose Kinder fähig, ein Instrument zu erlernen oder in einem Chor zu singen. Beides klappe, obwohl die Kinder Musik ein wenig anders hören als Menschen mit gesundem Gehör. „Das Cochlea Implantat ist auf Sprache ausgelegt“, erklärte der Therapeut. Und nicht in erster Linie auf Musik. Doch auch, wenn sie Musik ein bisschen anders wahrnehmen, haben Kinder mit CI meist große Freude daran, Klänge zu erzeugen, sich rhythmisch zu bewegen oder Lieder zu singen.

In einem der Therapiezimmer ist Leitner just bei einer ebenfalls nicht ganz einfachen Rhythmusübung. Vor jedem Kind steht eine Trommel, auf die es schlägt. Wer einmal schlägt, signalisiert dem rechten Nachbarn, dass er als nächstes an der Reihe ist. Wird zweimal geschlagen, dreht sich die Reihenfolge um: Neuerlich ist der linke Nachbar mit dem Schlagen dran. Schlägt ein Kind dreimal die Trommel, wird der nächste Nachbar übersprungen.

Das Spiel benötigt viel Konzentration. Auch hier klappt nicht alles perfekt. Das muss es auch nicht. Die Kinder haben eine Menge Spaß. Und schulen ihr durch eine Innenohrprothese ermöglichtes Hören unangestrengt ganz nebenbei. Dass ein CI-Kind keine Musik mag, ist eher selten. Manche Kinder, kann Leitner beobachten, mache das Musizieren regelrecht glücklich.

Die kleine Hanna¹ strahlt zum Beispiel immer, wenn sie zu Leitner ins Zimmer kommt. Die Sechsjährige ist mehrfach behindert. Seit fünf Jahren besucht sie das von der Stiftung Hör-Sprachförderung getragene Reha-Zentrum. Nach und nach schaffte sie es, Laute zu äußern. Besonders leicht fiel ihr das in Felix Leitners Musiktherapie.

Anmerkung: ¹Name von der Redaktion geändert

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