Magisches Alter

„Gibt’s das Christkind wirklich?“: Warum Kindern die „Lüge“ vom Weihnachtsmann erzählt werden darf

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Irgendwann bringen die Kleinen das Thema unweigerlich aufs Tapet. Da kommt zum Beispiel Jonas von der Kita heim und meint entrüstet: „Hannes hat gesagt, das Christkind gibt es nicht!“ So etwas kann Eltern in die Bredouille bringen. Weshalb sich Papas und Mamas fragen, ob sie die „Lüge“ vom Christkind überhaupt erzählen sollen.

Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, sagt Patricia Fischer-Martin vom Würzburger Kinderschutzbund: „Das muss jede Familie selbst entscheiden.“ Kleinkinder können mit reinem Sachwissen noch nichts anfangen. Bis zum Alter von sechs Jahren leben sie in einer „magischen Welt“. Da hinein passt das Sams ebenso wie der Nikolaus, der Weihnachtsmann, das Christkind oder die Zahnfee. Erzählen Eltern ihren Kindern von diesen Figuren, um sie zu erfreuen und den Bedürfnissen ihres „magischen Alters“ gerecht zu werden, ist das laut Fischer-Martin völlig in Ordnung.

„Märchenfiguren“ sollten jedoch niemals dazu benutzt werden, um bestimmte Absichten Kindern gegenüber durchzusetzen. Sinnvoll sei es, sich von vornherein zu überlegen, wie man reagiert, wenn das Kind den Nikolaus an der Stimme erkennt oder das Osterkörbchen in der Abstellkammer findet: „Eltern müssen sich bewusst sein, dass die Entzauberung irgendwann erfolgt.“ Haben sie zu große Bedenken, dass der Bruch mit der Märchenwahrheit ihr Kind verstören könnte, sollten sie besser von Anfang an anders agieren. Kinder verstünden zum Beispiel auch ohne „Christkind“, dass die Freude über ein Ereignis wie Weihnachten so groß sein kann, dass man sich dessen jährlich mit Riten wie Geschenken erinnert.

Elke Besler von der Würzburger Fachakademie St. Hildegard rät, Kinder, die entdeckt haben, dass es das Christkind nicht gibt, bei ihrer Spurensuche nach der Wahrheit zu begleiten. „Ein klares ‚Ja, stimmt!’, könnte für das eine oder andere Kind eine kleine Welt einstürzen lassen“, sagt die Sozialpädagogin. Besser sei es, gemeinsam mit dem Kind Literatur zu wälzen oder Menschen zu befragen: „Beispielsweise den Religionslehrer oder den Pfarrer.“ Eltern dürften ihrem Kind bei dieser Spurensuche auf jeden Fall vertrauen: „Es wird für sich entscheiden, was es wissen möchte, und woran es schließlich glaubt.“

Wichtig sei, zu wissen, dass Kinder ihre Skepsis oft nicht verbalisieren: „Eltern sollten beobachten, welche Signale ihr Kind durch seine Mimik und Körperhaltung sendet.“ Die meisten Kinder möchten eine Bestätigung dafür, dass die Eltern keine Lügner sind. Besler selbst brachte ihrer Tochter „scheibchenweise“ bei, dass es das Christkind nicht gibt: „Beim ersten Zweifel räumten wir ein, dass das Christkind unmöglich überall gleichzeitig sein kann, deshalb braucht es Eltern als Helfer.“ In der dritten Klasse wurde dem Mädchen erklärt, warum Erwachsene vom „Christkind“ sprechen: „Nämlich deshalb, weil wir Menschen Bilder brauchen, um Inhalte zu transportieren.“

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