Was brauchen wir wirklich für ein gutes Leben? Diese Frage stellen sich deutschlandweit immer mehr Menschen. Auch im Ammerland im Nordwesten Niedersachsens wird diese Frage lebhaft diskutiert. Die dortigen Akteur:innen erarbeiteten die Vision eines „gesunden Klimamenschen“. Pat Christ sprach mit Matthias Pieper vom Würzburger Zukunftshaus darüber, inwieweit er diese Vision unterschreiben kann.
Lebenslinie (LL): Herr Pieper, nach der Vision aus dem Ammerland hat der „gesunde Klimamensch“ Spaß am Klimaschutz. Würden Sie dem zustimmen?
Matthias Pieper (MP): „Ja, Spaß gehört dazu, nur so kann man positive Gefühle bei anderen auslösen. Zwang funktioniert beim Klimaschutz nicht. Das ist für mich ein bisschen so wie mit dem Maskentragen während der Corona-Krise. Man hat es getan. Man ist aber auch froh, dass man sich nun wieder befreien konnte.“
LL: Dem Modell aus dem Ammerland zufolge kommt dem Faktor „Bewegung“ eine große Bedeutung zu. Es heißt, dass es am allerbesten wäre, zu gehen. Und zwar barfuß …
MP: „Also, ehrlich gesagt, geht mir das ein wenig zu weit. Wenn man es den Menschen so sagt, dann fühlen sie sich veralbert. Ich fände es beim Thema ‚Mobilität‘ wichtig, auf die Möglichkeit des Car-Sharings hinzuweisen. Das kommt ja leider für die meisten Menschen immer noch nicht infrage.“
LL: Der „gesunde Klimamensch“, heißt es weiter, repariert viel und macht überhaupt viel selbst, statt zu konsumieren. Gehen Sie damit d’accord?
MP: „Wir bieten im Zukunftshaus die Möglichkeit an, Dinge zu tauschen, Dinge auszuleihen und Dinge reparieren zu lassen. In der Reparatur-Annahme machen wir eine interessante Erfahrung, und zwar kommen viele Menschen wegen Banalitäten, weil sie verlernt haben, Sachen selbst zu reparieren. Da hat zum Beispiel das Kaninchen am Kabel geknabbert, und man weiß nicht, wie man dieses Kabel wieder isoliert. Das sind so Dinge, die man eigentlich mit etwas handwerklichem Geschick selbst beheben könnte. Aber natürlich ist genau dafür unser Reparaturangebot gut, denn es ist nachhaltiger, etwas zu reparieren, als es wegzuwerfen.“
LL: Typisch für den „gesunden Klimamenschen“ sei schließlich, dass er eigenes Obst und Gemüse anbaut …
MP: „Auch hier ist festzuhalten, dass die meisten Menschen gar nicht wissen, wie das geht. Viele haben aber auch nicht die Möglichkeit. Hier wäre es gut, Flächen für ein gemeinschaftliches Gärtnern zur Verfügung zu stellen.“
LL: Gefordert wird auch, dass man als „gesunder Klimamensch“ auf die Gesundheit jener achten sollte, die unter dem Ressourcenverbrauch leiden …
MP: „Ich finde, das klingt irgendwie belehrend. Ich fände es besser, zu appellieren, dass man beim Konsum auf soziale und ökologische Standards achtet.“
LL: Und was halten Sie von der Forderung, sich regional, saisonal und bio zu ernähren?
MP: „Natürlich sollten die Lebensmittel nach Möglichkeit aus der Region stammen. Doch viele Sachen wachsen nun einmal nicht hier. Ich denke zum Beispiel an Kaffee oder auch an Reis. Auch wir im Zukunftshaus bieten Reis an. Immerhin kommt er aber nicht aus China, sondern aus Italien.“ Pat Christ
www.zukunftshaus-wuerzburg.de