„Ich bin der Hörende“

Als Krankenhaus-Seelsorger begleitet Pfarrer Bernhard Stühler seit 20 Jahren kranke und sterbende Menschen

0

Foto: Pfarrer Stühler ©Martina Schneider/Stiftung
Juliusspital

„Die Verweildauer im Krankenhaus ist gegenüber früher kürzer geworden, daher ist es mir oft nicht möglich, einen Patienten ein zweites oder drittes Mal zu besuchen, auch wenn das hilfreich wäre“, erzählt Pfarrer Bernhard Stühler aus seinem Alltag als Krankenhaus-Seelsorger. Zeit sei das Gut, das heute fast überall eine knappe Ressource sei. Aber Zeit sei so wichtig für die seelsorgliche Arbeit, weil Menschen nach einer Diagnose oftmals in ein tiefes Loch fielen.

„In der Seelsorge geht es darum, dass sich jemand öffnet, Sorgen und Fragen formuliert, auch wenn es nicht immer Antworten gibt“, so Pfarrer Stühler von St. Kilian. Der 66-Jährige sieht sich als Hörender, sowohl im Krankenhaus als auch im Seniorenstift oder im Hospiz des Würzburger Juliuspitals.

Die häufige Frage: „Warum passiert gerade mir das?“, könne er nicht beantworten, aber darum gehe es auch nicht in erster Linie. Es gehe darum, da zu sein, den Menschen in seiner Person, mit seiner Würde, mit dem Verdienst seines bisher gelebten Lebens wahrzunehmen und wertzuschätzen. Menschen heutzutage würden immer und überall beschallt und zugetextet, die meisten aber wollten einfach nur gehört werden. Obwohl er katholischer Priester ist, spreche er natürlich auch mit Patienten anderer Konfession oder solchen, die sich gänzlich von der Kirche oder Gott abgewandt haben.

„Man sieht in mir oft jemanden, der einen direkten Draht nach ‘oben’ hat“, so der Seelsorger. Eine schwere Krankheit oder gar der Tod lasse Raum, Spiritualität neu zu denken.Und auch der Tatsache, dass im gesellschaftlichen Schneller, Höher und Weiter nur noch der zählt, der Leistung bringt, trägt Pfarrer Stühler mit seiner Arbeit als Sprechender, noch viel mehr aber als Hörender Rechnung. Er würdigt die Lebensleistung alter und kranker Menschen in seiner Tätigkeit und versucht Halt, Trost und Sicherheit in einer unsicheren Situation zu geben. Daher wohnt er auch in einem Trakt des Klinikums Würzburg Mitte (KWM), Standort Juliusspital, sodass er schnell für seine Schützlinge da sein kann, wenn sie ihn brauchen.

Sein Tagesablauf ist durchgetaktet zwischen Gottesdiensten in der Pfarrkirche St. Kilian und in der Hauskapelle St. Johannes des Seniorenstifts, Unterrichtseinheiten für Ärzte und Pflegekräfte in der Palliativakademie oder Stunden für Schüler in der Altenpflegeschule und Krankenpflegeschule, Besuchen im Seniorenstift oder im Hospiz – alles der Stiftung Juliusspital zugehörig. Nicht zu vergessen seine täglichen Besuche am Bett von Patienten im Krankenhaus (KWM, Standort Juliusspital).

„Meine Arbeit ist für mich kein Job, sondern Berufung!“ Er möchte jeden Tag aufs Neue vermitteln, dass das Leben Freude bedeutet, weil es ein Geschenk ist, auch wenn es bisweilen große Herausforderungen mit sich bringt.

Share.