Gleiche Gesundheitschancen

Interkulturelle Mediatoren klären im Projekt MiMi über das deutsche Gesundheitssystem auf

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Kommt man aus einem anderen Land hierher, scheint das deutsche Gesundheitssystem intransparent. Welche Funktion hat der Hausarzt? Wie kommt man zu einem Facharzt? Wer überweist in die Klinik? „Auch für mich war das alles am Anfang schwierig“, sagt Rhagad Zitouni, die vor fünf Jahren aus Syrien nach Deutschland kam. Inzwischen findet sich die Zahntechnikerin zurecht, mehr noch, sie hat sich zur Gesundheitsmediatorin im Projekt „Mit Migranten für Migranten“ (MiMi) fortgebildet.

In Syrien versucht man, um einen Arztbesuch herumzukommen, wenn es irgendwie geht, erzählt die 45-Jährige: „Denn wir müssen alles privat bezahlen.“ Krankenversicherungen gibt es nicht. Wer krank wird, schaut, dass er in der Apotheke Hilfe findet: „Dort kann man sogar Antibiotika kaufen.“ In Deutschland ist das anders. Wie Zitouni anfangs mühsam herausfand, ist es hierzulande üblich, zunächst den Hausarzt zu konsultieren. Der überweist zum Facharzt. Viele Medikamente gibt es nur auf Rezept. Wobei „Rezept“ nicht gleich „Rezept“ ist …

Gesundheitsmediatorin Rhagad Zitouni bespricht mit MiMi-Koordinatorin Kadriye Akdeniz ihren nächs- ten Vortrag
Foto: © Pat Christ

Neben ihrem Job klärt Zitouni ihre Landsleute über das deutsche Gesundheitssystem im Allgemeinen und Krankheiten und vorbeugende Maßnahmen im Speziellen auf. Für diese Aufgabe qualifizierte sie sich in einer 60-stündigen Schulung, an der 26 Migrantinnen und Migranten aus der Region teilnahmen. „Insgesamt sind aktuell 22 Mediatorinnen und Mediatoren in Würzburg und Umgebung im Einsatz“, berichtet Kadriye Akdeniz, die MiMi in Würzburg koordiniert. Würzburg ist seit 2012 einer von derzeit 15 MiMi-Standorten in Bayern. Auch in Bamberg, Schweinfurt, Hof oder Bayreuth gibt es MiMi-Projekte. Bayernweit gibt es inzwischen fast 650 Mediatoren. Gestartet wurde die Initiative 2008. Seitdem nahmen bayernweit mehr als 38.000 Migranten an rund 3.000 Veranstaltungen in 45 Sprachen teil.

Das Konzept stammt vom Ethno-Medizinischen Zentrum Hannover. Welche Folgen kann es haben, wenn jemand zu oft zu tief ins Glas guckt? Wie entsteht Diabetes? Und wann sollte man wegen seelischer Probleme Hilfe suchen? Während der Schulung wurde eine breite, die Gesundheit betreffende Themenpalette angesprochen. Die ausgebildeten MiMis bieten nun, je nachdem, welches Thema in ihrer Community gerade auf den Nägeln brennt, Infoveranstaltungen an. „Bei uns zum Beispiel spielt Alkohol keine große Rolle“, sagt Zitouni. Das Thema „Ernährung“ ist für syrische Frauen interessant. Letztes Jahr bot die Mediatorin hierzu einen Vortrag an: „Ich schätzte, es würden 20 Teilnehmerinnen kommen, tatsächlich kamen 30.“

Diese große Resonanz hat die Initiatorin beflügelt. Auch darum geht es bei MiMi, erklärt Hermine Seelmann vom Quartiersmanagement Heuchelhof, die seitens der Stadt Würzburg ins Projekt integriert ist: „MiMi stärkt das Selbstbewusstsein und die Eigenverantwortung.“ Durch den Einsatz der Gesundheitsmediatoren gelinge es zudem, für mehr Chancengleichheit im Gesundheitssektor zu sorgen.

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