Ein Wispern, das die Nase hört

Kurt Ludwig Nübling, Mitbegründer des Unternehmens Primavera Life. Foto: ©Primavera Life

Laura S¹. schlägt gerade die Augen auf, sie hat eine große Operation hinter sich und liegt im Krankenhaus allein in ihrem Zimmer. Die Schmerzmittel helfen mehr schlecht als recht, das kennt sie schon vom ersten Tag. Sie hat das bereits mehrmals hinter sich gebracht – sie hat Krebs.

„Die Gerüche im Krankenhaus, die Stille, wenn man allein im Zimmer ist und sich gerade niemand kümmert, und die Schmerzen nach einer OP, alles kreist um das Kranksein“, sagt die 61-jährige. Dieses Mal hat sie sich mit verschiedenen Duftsprays ausgestattet und sprüht im Krankenzimmer, was das Zeug hält.

„Lavendel war mein Favorit, das erinnert mich an Frankreich, an das Savoir Vivre“, erzählt die Innenarchitektin. Nicht nur, dass es ihr als Patientin guttat, Schwestern, Pfleger und auch Ärzte bemerkten trotz eng getaktetem Zeitplan und Routinen, dass etwas anders war …

„Das duftet ja wie in der Provence“, meinte eine Schwester freudestrahlend und viele hätten das Zimmer mit einem Lächeln verlassen, erzählt Laura S.! „Aroma ist ein Wispern, das die Nase hört“, besagt ein Sprichwort mit unbekanntem Verfasser.

Aromapflege, sprich die Anwendung ätherischer Öle bei Pflegeaufgaben, ist auf dem Vormarsch. Unterstützt von immer mehr wissenschaftlichen Studien, etabliert sich der Einsatz von verschiedensten ätherischen Ölen in der Haus- und Klinikkrankenpflege, in der Alten- und Palliativpflege, rund um die Geburtshilfe, in der Kinderkrankenpflege und sogar in der Notfallmedizin.

Lebenslinie wollte von Kurt Ludwig Nübling, dem Mitbegründer von Primavera Life, Marktführer in der Aromatherapie, wissen, was Aromapflege alles kann und warum man sich auf „dufte Zeiten“ freuen kann.

„Aromapflege gehört zu den sogenannten komplementären Pflegemethoden. Ihr unschlagbarer Vorteil ist die nachgewiesene sowohl körperliche als auch seelische Wirkung auf den Menschen. So ist eine Waschung mit ätherischen Ölen nicht nur hautpflegend und erfrischend, vielmehr kann sie je nach Wahl der Öle, aktivierende Pflege oder beruhigende Maßnahme im Rahmen einer basalen Stimulation sein. Sie kann einem dementiell erkrankten Menschen Tagesstruktur geben oder einem Patienten, dessen Stimmung eher düster ist, schon am Morgen Licht in den Alltag bringen“, erzählt Nübling aus jahrzehntelanger Erfahrung mit ätherischen Ölen.

Auf seinen Reisen in viele Länder der Welt hat er die Wirkkraft von Heilpflanzen und -kräutern sowie den daraus hergestellten ätherischen Ölen kennen- und schätzen gelernt. Als Bio-Pionier in Sachen Aromatherapie ist Nübling überzeugt: „Aromapflege ist natürlich, patientenorientiert und individuell.“

Dabei sei sie nicht teurer oder aufwändiger als die Pflege mit konventionellen Produkten, schaffe aber eine ganz andere Atmosphäre für Pflegende und Patienten und bringe, gerade in Zeiten des Pflegenotstandes, auch gute Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter – im wahrsten Sinne des Wortes dufte Zeiten! Etwas Gutes riechen erzeugt Wohlbefinden. Der Nebeneffekt beim Einsatz von ätherischen Ölen etwa im Krankenzimmer, sei die Tatsache, dass ein guter Duft nachweislich Besucher länger und lieber am Krankenbett verweilen lasse, so Nübling.

Aromapflege bringe zudem im Rahmen von Waschungen, Wickeln und Auflagen eine besondere Art der Zuwendung für den Patienten, so der Aromatherapie-Kenner. Sie baue Brücken und schaffe Vertrauen durch Berührung. Warum ist das so? Über die Nase wahrgenommen, könnten naturreine Pflanzenkräfte, Empfindungen positiv beeinflussen, die Psyche stimulieren und Ängste abbauen.

Auch in der Fachliteratur sei die Bandbreite körperlicher Wirkungen beschrieben: Sie reiche von entzündungshemmend und schmerzlindernd bis hin zu regenerierend, hautpflegend oder einfach nur wohltuend. Kurt Ludwig Nübling: „Einige ätherische Öle haben sich durch besondere Eigenschaften einen Namen gemacht und lassen sich bei bestimmten Beschwerden nicht mehr wegdenken. So etwa das Immortellenöl, oder auch das ‚Blaue Fleckenöl‘, das in Mischungen bei stumpfen Verletzungen wie etwa Verstauchungen und Prellungen Einsatz findet.

Eine Wiederentdeckung gerade bei der Begleitung von Menschen mit Demenz und Alzheimer ist das Lavendelsalbeiöl. Wissenschaftliche Studien haben untermauert, dass im Hirngewebe das Enzym Acetylchoinesterase unterdrückt, und so die Verbesserung von Hirnleistung erreicht wird.“

Es sei nicht nur für jedes Zipperlein ein Kraut gewachsen, es gebe auch für fast alle Beschwerden ein ätherisches Öl und zwar so viele, dass für jede Nase ein passendes dabei ist! „Denn jedes ätherische Öl, das der Anwender auch gerne riecht, wirkt doppelt gut“.

So sollte der Patient immer – soweit möglich – in die Duftauswahl einbezogen werden, betont Nübling. Also, immer der Nase nach!

Das Interview mit Kurt Ludwig Nübling, Mitbegründer des Unternehmens Primavera Life, führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

Quellen: Zimmermann, Eliane: „Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, Kursbuch für Ausbildung und Praxis“, Haug-Verlag, Stuttgart,6. überarbeitete und erweiterte Auflage 2018, ISBN: 9783132192911, Preis: 59,99 Euro, www.thieme.de, Zimmermann, Eliane: „Aromatherapie – Die Heilkraft ätherischer Pflanzenöle“, Irisiana Verlag, München 2016, ISBN 978-3-42415-313-2, Preis: 22,99 Euro, www.randomehouse.de, Werner, Monika/Ruth von Braunschweig Ruth: „Praxis Aromatherapie – Grundlagen, Steckbriefe, Indikationen“, Haug-Verlag, Stuttgart 5. Auflage 2016, ISBN: 9783132404663, Preis: 49,99 Euro, www.thieme.de, Kurt Ludwig Nübling: Aromatherapie für Einsteiger. Die gebräuchlichsten ätherischen Öle auf einen Blick. Koha Verlag Dorfen 2012, ISBN 978-3-86728-207-9, Preis: 7,99 Euro, www.koha-verlag.de,¹Name von der Redaktion geändert