„Ein Freund, ein guter Freund …“

Gastbeitrag von Zen-Meister Dr. Alexander Poraj

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Wer von uns wünscht es sich nicht, eine gute Freundin oder einen guten Freund zu haben? Jemanden, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann, weil sie oder er immer dann zu Stelle sind, wenn man sie oder ihn braucht. Und natürlich gibt es eine Reihe von Situationen, in denen ein Beistand nicht nur von unschätzbarem Wert ist, sondern weil die Nähe einer ganz bestimmten Person einfach guttut. Warum ist das so? Vermutlich nicht nur deswegen, weil vieles alleine einfach keinen Spaß macht oder nicht zu bewerkstelligen wäre. Nein, das trifft es nicht. Denn während der Anwesenheit einer Freundin oder eines Freundes geschieht etwas mit uns, mit unserem Körper beispielsweise. Er entspannt sich nämlich. Wir werden wortwörtlich lockerer. Und während der Körper locker wird, tut unser Geist es ihm gleich. Lockerer zu sein bedeutet, dass das, was uns gerade noch schwer, ja vielleicht sogar unmöglich zu ertragen vorkam, plötzlich leichter und lebbarer erscheint.

Interessanterweise muss unsere Freundin oder unser Freund oft nicht einmal etwas tun, damit dieser Zustand eintritt. In der Regel reicht ihre oder seine Anwesenheit aus. Es tut gut, einfach gehört zu werden, auch dann, wenn alle wissen, dass es keine Lösung gibt. Ist das nicht ein Wunder? Ja, ist es! Und worin besteht es? Ich glaube, dass es mit dem Zustand zusammenhängt, den wir als tiefere körperlich-geistige Entspannung wahrnehmen. Im Augenblick der Entspannung geschieht nämlich etwas ganz Wunderbares: Wir hören auf, uns gegen das, was gerade geschieht, zu wehren und lassen los. Anspannung ist nichts anderes als eine Abwehrhaltung. Mehr noch: Mit dieser Haltung entfernen wir uns mehr und mehr von dem, was sich gerade ereignet, und sind infolge einzig und allein auf uns selbst gestellt. Insgeheim halten wir Ausschau nach einem Beistand, damit wir uns nicht mehr mit allem so alleine fühlen. Mit anderen Worten: Die Lage ist ausweglos? Eine Freundin oder ein Freund muss her! Das Wunder der Freundschaft besteht darin, dass wir uns in Gegenwart von Freuden entspannen. Vieles spricht dafür, dass Menschen so gebaut sind, dass sie einander brauchen, weniger um etwas tun zu müssen – mehr, um durch den anderen gegenwärtig sein zu können. Wenn wir gegenwärtig und entspannt sind, fällt es uns leichter die jeweils nötigen Schritte zu tun, welche eine Situation erfordert. So ist das Leben und für eine gewisse Zeitspanne sind wir da mitten drin. Hoffentlich in angenehmer Begleitung …

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