Den Preis, den wir zahlen

Was unser Essen wirklich kostet ... im Gespräch mit Ernährungsberater Karl-Heinz Ursprung

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„Langfristig können wir uns gar nicht anders ernähren, als‚bio‘, denn die bisherigen Me- thoden zerstören unsere Lebensgrundlage“, sagt Ernährungsberater Karl-Heinz Ursprung. Foto: ©Lebenslinie

Bioläden können angesichts ihrer kleineren Fläche noch nicht die Nahversorgung mit Lebensmitteln leisten, sagt Karl-Heinz Ursprung. Doch der Druck wachse, weil Kunden „preisbewusst“ einkaufen möchten. Aber was heißt preisbewusst? Ist „bio“ wirklich „teurer“ oder gar „zu teuer“?

Der Gesundheitsberater mit eigenem Naturkostladen in Höchberg ist überzeugt: „Der billigste Preis ist nicht immer der beste.“ Gründe für, auf den ersten Blick, höhere Preise von Bio-Produkten gebe es mannigfach. Wesentlich seien seiner Ansicht nach folgende Faktoren: Ein höherer Einsatz der Bio-Bauern, da sie mit der Natur und mit mehr „Handarbeit“ wirtschaften.

Die Folgekosten, die durch konventionelle Landwirtschaft für Mensch und Natur entstehen, sind nicht eingepreist. Und die ungleiche Verteilung von Subventionen an Bauern nach Fläche, da Betriebe der Bio-Bauern im Schnitt kleiner seien. „Der Aufwand der Bio-Bauern ist deutlich höher als in der konventionellen Landwirtschaft“, so Ursprung. Und das nicht nur in punkto Körpereinsatz. So gebe es zum Beispiel biologisch-dynamische Landwirte, die sich bei Aussaat, Pflege und Ernte von Mondphasen leiten ließen.

Ein weiteres Stichwort ist die Fruchtfolge im Ökolandbau, die dem Boden Erholung verschaffe und ihn wieder fruchtbar für andere Pflanzen mache, aber auf der anderen Seite den Umsatz pro Hektar mindere. Das Problem für den Kunden am Regal: In der Regel würde man der Ware nicht ansehen, ob sie ein Vielfaches an lebensnotwendigen Inhaltsstoffen besitze oder auf wenig lebendigen Böden gewachsen sei. Denn gerade die Artenvielfalt im Boden sorge für hohe Werte essenzieller Inhaltsstoffe. Geschmacklich sei es da schon einfacher.

Frisches Obst und Gemüse aus Bioanbau schmecke meist deutlich besser. Bedenklich seien auch die Konsequenzen nicht-biologischen Anbaus. Die Schäden und Folgekosten durch industrielle Spritzmittel und Kunstdünger in der konventionellen Landwirtschaft seien enorm. „Die Verschwendung von Ressourcen respektive hoher Energieaufwand, Wasserverseuchung, Luftverschmutzung, Insektenvernichtung, Über- düngung von Flüssen und Meeren mit nachfolgendem Artensterben, Immunerkrankungen, CO2-Anstieg und Klimaveränderung haben dann doch indirekt ihren Preis“, sagt Karl-Heinz Ursprung.

Auch ein Blick auf öffentliche Gelder lohnt: Die Subventionen, die den Bauern derzeit zugute kämen, seien ungleich verteilt, so Ursprung. Zwar fließen 40 Prozent der gesamten EU-Mittel in die Landwirtschaft, allein sechs Milliarden waren das 2017 für Deutschland, doch das Problem sei unter anderem die Basisprämie pro Hektar (erste Säule der Europäischen Agrarpolitik). Hier sei es gleich, was der Bauer anbaue oder wie er wirtschafte.

Größter Nutznießer ist die industrielle Landwirtschaft. Gelder aus dem zweiten Topf für besondere gesellschaftliche Leistungen der Landwirte würden hingegen nicht nur den Bio-Bauern zugute kommen.* Dass der konventionelle Handel nun ebenfalls auf Bio-Lebensmittel setzt, sieht der Fachmann kritisch. Diese würden weiterhin ihre Marktbeherrschung ausnutzen und die Erzeugerpreise drücken. Dies komme zwar vordergründig dem Kunden zugute. Die Qualität von Bio verschlechtere sich dadurch aber insgesamt durch die Bevorzugung industrieller Bewirtschaftung.

Quelle: *https://www.bioland.de/im-fokus/hintergrund/detail/article/ warum-bekommen-bauern-geld-vom-staat.html

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