Das tut mir gut!

Kindergarten- und Krippenkinder leben Pfarrer Kneipps Philosophie

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Forsch tapsen die kleinen Füßchen durch das feuchte Gras. Die Frische des Morgens kann ihnen nichts anhaben – im Gegenteil. Runde um Runde drehen die Kinder durch den Garten der im April 2019 eröffneten Johanniter-Kindertagesstätte „Vogelnest“ am Ortsrand von Bergtheim. Das Spüren der kühlen Tautropfen und das Kitzeln der Halme unter den Fußsohlen gehören für sie zum täglichen Ritual, zu jeder Jahreszeit. Schon die Kleinsten der insgesamt 52 Kinder in der Kindergarten- und den zwei Krippengruppen wissen: Das tut mir gut. Das Immunsystem wird durch Abhärtung gestärkt, die Fußmuskulatur gekräftigt und so Fehlbildungen vorgebeugt. Im „Vogelnest“ wird der Alltag ganz nach dem Gesundheitskonzept von Pfarrer Sebastian Kneipp gestaltet, der heute 200. Geburtstag feiern würde. Seit September 2019 durchläuft die Einrichtung einen 18-monatigen Zertifizierungsprozess. Dann gehört das „Vogelnest“ zu einer von nur 400 vom Kneipp-Bund e.V. anerkannten Kindertageseinrichtungen in Deutschland und ist damit erst die zweite in Würzburg.

Um Kneipps Konzept korrekt umsetzen zu können, hat das pädagogische Personal eine Weiterbildung zur Kneipp-Gesundheitserzieherin absolviert. Das Team um Kindergartenleiterin Verena Müller ist überzeugt: „Kinder von heute sind gesundheitsbewusste Erwachsene von morgen.“ Das von Kneipp entwickelte, ganzheitliche System zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten ist für sie nicht nur ein Heil-, sondern auch ein Lebenskonzept, das sie Kindern von Anfang an mit auf den Weg geben möchten. Denn es aktiviert die Abwehrkräfte und setzt die Infektanfälligkeit herab. „Kneipps Konzept beruht auf fünf Säulen“, erklärt Müller im Gespräch mit der Lebenslinie. „Zum einen Wasseranwendungen, daneben Heilkräuter, Lebensordnung und Bewegung sowie Ernährung. Es ist ein Lernen mit allen Sinnen.“ Damit enthalte es alles, was Kinder für eine positive Entwicklung bräuchten. Und diese, das wird beim Besuch im „Vogelnest“ schnell deutlich, nehmen es mit großer Freude, viel Neugier und vor allem unvoreingenommen an. Wasser erfahren sie hier nicht nur im täglichen Tautreten. Mehrmals täglich gehört das Innenluftbad sowie kurze Ausflüge nach draußen ohne Jacke in den Wintermonaten dazu. Auch Bürstenmassagen, Wassertreten, ein kaltes Armbad oder kalte Güsse sind fester Bestandteil in ihrem Kindergarten. Krippenkinder erleben die Kneipp‘sche Philosophie zudem durch Waschungen. „Das Thema Kräuter und Heilpflanzen findet direkt vor der Haustür statt“, so die Gesundheitserzieherin. Im eigenen Garten wachsen verschiedene Kräuter und Gewürzpflanzen, die sie kennenlernen, ernten, zubereiten und auch trocknen. „Bei den regelmäßigen Wald- und Naturtagen werden zudem Wildkräuter gesammelt und in der Küche verarbeitet. Für die Wintermonate trocknen wir die Kräuter, verarbeiten sie zu Tee und verwenden sie zum Kochen“, erklärt die Leiterin. „Das sind Dinge, die Eltern früher regelmäßig mit ihren Kindern gemacht haben, aber heute leider etwas verloren gegangen sind.“ Die Säulen „Lebensordnung“ und „Bewegung“ erleben die Kinder unter anderem im freien Spiel, im kreativen Gestalten und Musizieren, aber auch durch regelmäßige Sparziergänge, Turnen oder Entspannungsangebote wie Yoga.

Die Ernährung spielt ebenfalls eine große Rolle. So wird täglich gemeinsam ein gesundes Frühstück zubereitet. Auch Sinnesübungen gehören dazu: Wie schmecken und riechen unterschiedliche Lebensmittel? Und wie fühlen sie sich an? Die „Früchte“ dieser nachhaltigen pädagogischen Arbeit sind für Verena Müller und ihre Kolleginnen schon jetzt sichtbar. „Die Kinder sind gerne in der Natur – und das bei jedem Wetter. Sie sind deutlich seltener krank, haben ein besseres Körpergefühl und sind insgesamt ausgeglichener. Sie spüren instinktiv, was ihnen guttut und können das auch selbst anwenden.“

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