Chancengleichheit für Sehbehinderte

Professor Dino Capovilla leitet den neuen Lehrstuhl für Pädagogik bei Sehbeeinträchtigungen an der Uni Würzburg

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„Kein Sehender hat eine echte Vorstellung davon, was es heißt, nicht zu sehen“, sagt Prof. Dino Capovilla. Seit Oktober 2020 baut der 43-Jährige an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg einen Lehrstuhl für Pädagogik bei Sehbeeinträchtigungen sowie Allgemeine Heil-, Sonder- und Inklusionspädagogik auf. Seit dem Wintersemester 2021 studieren dort neun junge Leute in der vertieften Fachrichtung, 30 Studienplätze stehen insgesamt zur Verfügung. Drei Studierende in der Erweiterung kommen dazu.

Wie groß das Interesse im Nebenfach sein wird, sei noch nicht absehbar, sagt Capovilla. Das Lehrstuhlteam umfasst neben ihm selbst sieben wissenschaftliche und vier studentische Mitarbeitende sowie eine Büroleitung. Capovilla will an universellen Lösungen arbeiten, um Kinder und Jugendliche mit und ohne besonderen Förderbedarf gemeinsam zu unterrichten. Und er möchte durch seine Arbeit die persönlichen, schulischen und beruflichen Perspektiven von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen wie auch ihre Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Technologien betrachtet er dabei als Mittel, um „die letzte Brücke zu schließen“. Er weiß, wovon er spricht.

Augenzittern, hohe Blendempfindlichkeit, kein Bewegungssehen, fehlende Sehschärfe, Farbenblindheit: Prof. Capovilla ist selbst von Geburt an sehbeeinträchtigt; ebenso drei seiner wissenschaftlichen Mitarbeitenden. Deutschlandweit gibt es weitere Professuren für Pädagogik bei Sehbeeinträchtigungen nur in Heidelberg, Dortmund, Hamburg und seit 1947 in Berlin. Das Themenspektrum des Lehrstuhlteams ist umfassend: Capovilla selbst hat die Analyse der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung in der Tradition der Behindertenbewegung im Blick, die Teilhabe durch Technologien und die interdisziplinären didaktischen Ansätze gemeinsamen Unterrichts. Die Forschungsschwerpunkte seiner Mitarbeitenden reichen von Chancengleichheit wie auch sozialer Benachteiligung über Resonanzpädagogik, Vulnerabilität, pädagogischer Autorität und psychosozialer Beratung bis hin zu alltagspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Sehbeeinträchtigung und Autismus, funktionalem Sehen und digitaler Barrierefreiheit.

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