„Viele Heimtierbesitzer verfügen über eine emotionale Bindung zu ihrem Haustier“, informiert das Statistikportal Statista¹. Rund 90 Prozent der Befragten 2020 empfanden ihr Haustier als ein Familienmitglied. Fast 40 Prozent gaben an, dass ihr Tier für sie an erster Stelle stehen würde. Das klingt zunächst wunderbar. Doch oft liegt hier auch „der Hund begraben“. Vierbeiner sind beste Freunde, Kinder- oder Partnerersatz – wider Willen. Es könnten ungute Beziehungen entstehen. Diese wieder ins Gleichgewicht zu bringen, haben sich Tanja Weigert, Tierärztin und Verhaltenstherapeutin für Hunde, und Jana Kerz, Yogalehrer-Ausbilderin und „Bewusst.Sein.-Forscherin“, auf die Fahnen geschrieben.
Sie sagen: „Vertrauen basiert auf Zuhören.“ Und sie wollen zeigen, wie Besitzer:innen eine tiefere, auf Vertrauen basierende, entspannte Beziehung zu ihrem Hund aufbauen können. In einem zehnteiligen Workshop „Bewusst.Sein mit Hund“, der in Würzburg und Umgebung stattfindet, befassen sie sich unter anderem mit den fünf Hauptemotionen. Freude, Angst, Wut, Scham, Trauer. „Halter:innen haben häufig Angst, Grenzen zu setzen“, sagt Weigert, die selbst Hundebesitzerin ist und mit besonders problematischen Hunden arbeitet. „Wir stülpen dem Tier Dinge auf, die ihm nicht guttun, und sehen nicht, was es braucht. Führung!“ Viel geben, das funktioniere nicht. „Besitzer:innen spiegeln vielmehr eigene Bedürfnisse, zum Beispiel kuscheln oder spielen (Emotion: Freude) und nehmen oft nicht wahr, wie es dem Tier dabei geht“, sagt Kerz, deren Hund Moksha ihr selbst immer wieder erlaube, Grenzen zu setzen.
Dies sei der Schlüssel, eine bessere Verbindung zwischen Tier und Mensch zu schaffen, so die Expertinnen. „Man sollte den Hund gut lesen können“, stellt Tanja Weigert fest. Es gehe darum, genau hinzusehen, seiner Wahrnehmung zu vertrauen, ihn kennenzulernen und von da aus zu führen. Da er nicht „sprechen“ könne, gehe das nur übers studieren der arteigenen Kommunikation (Beobachtung, Interpretation, Verhalten). Das Verhalten bei sich selbst und beim Hund erfahren, entdecken – darum geht es den beiden. Ängsten mit Leichtigkeit begegnen lernen, wie sich Stimmungen gegenseitig beeinflussen können, Emotion und Selbstausdruck, Nähe und Distanz, nonverbale Kommunikation, Verbundenheit, Glaubenssätze, Entspannung und Yoga sind in der Workshop-Arbeit wesentliche Aspekte. Wie gelingt das? Zum Beispiel über Rollenspiele, in denen, ähnlich wie bei einer systemischen Aufstellung, sich in den Hund hineinversetzt wird. Oder über spezielle Techniken aus der Meditation, etwa mit einer Methode der Achtsamkeit, aus einem entspannten Zustand heraus Vertrauen zum Hund aufzubauen. „Es geht darum, Mensch und Tier dort abzuholen, wo sie stehen“, erklärt Tanja Weigert. Sie betont weiter, dass Jana Kerz und sie im Rahmen ihrer gemeinsamen Arbeit lediglich Impulse geben möchten. „Wir wollen dazu anregen, sich mit dem Hund auseinanderzusetzen. Aber insbesondere mit sich selbst!“