Gefühle verstehen lernen

Lebenslinie im Gespräch mit Prof. Dr. Andrea Kiesel zum Thema emotionale Intelligenz

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Foto: Susanna Khoury

Foto: Susanna Khoury

Kopf oder Bauch, was beeinflusst unsere Entscheidungen mehr?

Dr. Andrea Kiesel, Professorin für Allgemeine Psychologie an der Uni Freiburg, meint dazu: „Ich würde das nicht gegeneinander stellen, da ist der Kopf und Emotion ist das Gegenstück.

Es kann sich sehr gut ergänzen und man kann durch rationales Verhalten Emotionsregulation bewirken und man kann durch Emotionen das eigene Denken beeinflussen.“

Der Begriff „emotionale Intelligenz“ stamme aus den 90er Jahren und gliedere sich in vier Komponenten.

Es gehe darum, die eigenen Gefühle zu kennen, sie beeinflussen und nutzen zu können und die Gefühle anderer Menschen verstehen zu können, also Empathie zu empfinden.

Die eigenen Gefühle kennen und benennen zu können, trage dazu bei, angemessen auf sie zu reagieren: „Wenn du sagst, mir geht’s schlecht, ist es schwierig, etwas zu machen. Wenn du sagst, ich bin ängstlich, dann kannst du überlegen, ist die Angst begründet, ist sie unnötig, kann ich mir vielleicht irgendwelche Schutzmechanismen zulegen? Dann kann ich anders damit umgehen“, erläutert die ehemalige Akademische Rätin am Institut für Psychologie der Uni Würzburg.

Sie macht deutlich, wie wir alle tagtäglich unsere Gefühle beeinflussen: „Wenn ich schlecht drauf bin, spreche ich mich bei einer Freundin aus, ich gehe unter Leute, ich schaue einen lustigen Film.

Das sind ganz einfache Möglichkeiten der Emotionsregulation.“

Kiesel führt aus, wie wir unsere Gefühle zudem so beeinflussen, dass sie uns nützlich sind: „Wenn du kreativ sein willst, solltest du nicht in einem ärgerlich-ängstlichen Zustand sein, sondern dann musst du in einem Flow-Gefühl sein, sodass du möglichst weit bist, um die Gedanken zu öffnen, und viele verschiedene Aspekte zulässt.

Möchtest du allerdings analytisch denken, dann nützt es nichts, wenn du noch „happy“ von der Feier am gestrigen Abend bist, dann solltest du schauen, dass du dich fokussiert auf einen Teil konzentrierst.“

Präzise Begriffe sind Grundlage für Wissenschaft. Deshalb spricht Prof. Dr. Kiesel lieber von emotionalen Kompetenzen und meidet den medienwirksamen Intelligenzbegriff.

Denn unter „Intelligenz“ verstehe man üblicherweise ein unveränderliches Persönlichkeitsmerkmal.

Doch viele Teilkomponenten der emotionalen Intelligenz seien erlernbar.

In einem gewissen Maße könne das Verstehen der eigenen Gefühle genauso gelernt werden wie Strategien, um mit den Gefühlen besser umgehen zu können, meint Kiesel.

Das Gespräch mit Prof. Dr. Kiesel führte Susanna Khoury.

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