Das Phänomen der „Aufschieberitis“ hat viele psychologische und soziale Ursachen: Zum einen kann die Angst, dass man bei einer Aufgabe versagen könnte oder nicht die eigenen Erwartungen oder die der anderen erfüllt, überwältigend sein. „Diese Angst führt oft dazu, dass man die Aufgabe aufschiebt, um das unangenehme Gefühl des möglichen Versa-gens zu vermeiden“, sagt Dr. Walter. Große oder komplexe Aufgaben können eine über-fordernde Wirkung haben: Wenn der Umfang oder die Schwierigkeit einer Aufgabe zu groß erscheint, kann dies zu Lähmung und Aufschieben führen, weil man nicht weiß, wo man anfangen soll. Auch Perfektionismus kann zur Blockade führen: Perfektionisten möchten eine Aufgabe perfekt erledigen, was den Druck erhöht und dazu führen kann, dass sie die Aufgabe aufschieben, bis sie glauben, alle Voraussetzungen für ein perfektes Ergebnis zu haben. Schließlich spielt auch mangelnder Antrieb eine Rolle. Auch ohne effektive Zeit-management-Strategien fällt es vielen ebenfalls schwer, Aufgaben zu priorisieren und rechtzeitig zu beginnen.
Klare und realistische Ziele setzen
Die Psychologin in der baden-württembergischen Gesundheitsstadt Bad Mergentheim empfiehlt eine Reihe von Strategien, um Dinge nicht mehr bis zur letzten Minute aufzu-schieben: Statt vager Ziele wie „Ich will mein Projekt beenden“, sollten spezifische und messbare Ziele gesetzt werden, beispielsweise „Heute sollen zwei Stunden an der Einlei-tung des Berichts gearbeitet werden“. „Klare Ziele geben eine Richtung und erleichtern es, Fortschritte zu erkennen“, sagt Dr. Martina Walter.
Aufgaben in kleine Schritte teilen und priorisieren
Große Aufgaben können einschüchternd wirken und zur Prokrastination führen. Deshalb sollten große Projekte in kleinere, überschaubare Schritte aufgeteilt werden. Jeder dieser Schritte sollte ein klar definiertes Ziel und einen Zeitrahmen haben. Das ermöglicht konti-nuierliche Fortschritte. Aufgaben sollten nach Dringlichkeit und Wichtigkeit geordnet wer-den: Der Fokus sollte auf den wichtigen und dringenden Dingen liegen. Diese Priorisierung hilft, den Überblick zu behalten und die wichtigsten Aufgaben effizient zu erledigen.
Mit Zeitplänen arbeiten und die eigene Zeit managen
„Ein detaillierter Zeitplan strukturiert den Tag und stellt sicher, dass genügend Zeit für jede Aufgabe vorhanden ist“, sagt die Bad Mergentheimer Psychologin. Auch Pausen sollten eingeplant werden, um Überlastung zu vermeiden und die Produktivität zu steigern. Tech-niken wie die so genannte Pomodoro-Methode können sehr effektiv sein. Dabei wird 25 Minuten konzentriert an einer Aufgabe gearbeitet, gefolgt von einer 5-minütigen Pause. Nach vier solcher Intervalle folgt eine längere Pause. „Diese Methode fördert die Konzent-ration und hilft, die Arbeit in handhabbare Einheiten zu unterteilen“, weiß die Psychologin an der Kitzberg-Klinik, eine von insgesamt elf hochspezialisierten medizinischen Einrich-tungen in der Gesundheitsstadt im Dreiländereck Baden-Württemberg – Bayern – Hessen.
Ablenkungen erkennen und ausschalten
Häufige Ablenkungen sollten identifiziert und eliminiert werden. Benachrichtigungen auf dem Handy können ausgeschaltet oder Apps verwendet werden, die den Zugriff auf be-stimmte Webseiten blockieren. Ein aufgeräumter und ruhiger Arbeitsplatz kann ebenfalls helfen, die Konzentration zu verbessern.
Sich selbst belohnen
Belohnungen schaffen positive Anreize und steigern die Motivation. Diese Belohnungen müssen nicht groß sein – ein kurzer Spaziergang, eine Tasse Kaffee oder ein kleines Stück Schokolade können bereits motivierend wirken. Was ebenfalls nach den Worten der erfahrenen Psychologin helfen kann: eine positive Einstellung zu den Aufgaben zu entwi-ckeln. Herausforderungen sollten als Chancen zum Lernen und Wachsen gesehen wer-den. Ein positiver Ansatz kann die Motivation und Produktivität erheblich steigern. „Nega-tive Gedanken sollten durch positive und motivierende Selbstgespräche ersetzt werden“, sagt Dr. Walter.
Wenn alle diese Strategien nicht fruchten, rät die Psychologin dazu, sich Hilfe zu suchen: Dies kann in Form von Freunden, Familienmitgliedern oder Kollegen geschehen, die er-mutigen und unterstützen können. Auch professionelle Hilfe durch einen Coach oder Therapeuten kann sinnvoll sein.