Kopfschmerzen sind weit verbreitet – mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung leiden unabhängig von Alter oder Herkunft darunter. Der „Kopfschmerztag“ am 5. September möchte daran erinnern, informieren und aufklären.
Dr. med. Biying Yang, Fachärztin für Neurologie, behandelt im MVZ Spiegelstraße in Würzburg regelmäßig Patienten mit unterschiedlichen Kopfschmerzerkrankungen. Im Interview spricht sie über Ursachen und Therapiemöglichkeiten und erklärt, warum man bei Kopfschmerzen nicht immer sofort zu Schmerzmitteln greifen sollte.
Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz. Frau Dr. Yang, wie viele unterschiedliche Arten gibt es eigentlich?
Nach der international gültigen Klassifikation gibt es mittlerweile insgesamt 367 verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Nur sehr wenige dieser Kopfschmerztypen sind jedoch wirklich häufig.
Hier in Deutschland sind die häufigsten Kopfschmerzarten der Kopfschmerz vom Spannungstyp, auch Spannungskopfschmerzen genannt, und der Migräne-Kopfschmerz. Diese beiden Typen machen zusammen rund 92 Prozent aller Kopfschmerzformen aus.
Was ist die Ursache dafür, dass so viele Menschen unter Kopfschmerzen leiden?
Die Ursachen für Kopfschmerzen sind vielfältig. Zunächst muss man zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen unterscheiden, das heißt: Ist der Kopfschmerz selbst die Erkrankung oder tritt er als Begleiterscheinung einer anderen Krankheit auf? Das kann zum Beispiel nach einer Kopfverletzung, bei einer rheumatischen Erkrankung oder auch bei stark erhöhtem Blutdruck der Fall sein. Unsere Aufgabe als Ärzte ist es, durch eine ausführliche Anamnese, sorgfältige körperliche Untersuchungen und gezielte Zusatzuntersuchungen, beispielsweise Labortests und Bildgebung, die genaue Art des Kopfschmerzes zu erkennen und gezielt zu behandeln.
Wie kann man Kopfschmerzen denn behandeln?
Je nach Art der Kopfschmerzen gibt es unterschiedliche therapeutische Möglichkeiten. Bei Kopfschmerz vom Spannungstyp kommen häufig schmerzstillende Mittel, sogenannte Analgetika, zum Einsatz. Aber Vorsicht: Greifen Patienten zu schnell und zu oft zu Schmerzmitteln, können diese selbst Kopfschmerzen verursachen. Dieser Medikamentenübergebrauchs- kopfschmerz kann auftreten, wenn man mehr als zehnmal im Monat über ein Vierteljahr hinweg Schmerzmittel einnimmt.
Deshalb sollte man auch nichtmedikamentöse Maßnahmen in Betracht ziehen. Pfefferminzöl auf Stirn und Schläfe kann beispielsweise zur Linderung von Kopfschmerzen beitragen. Spannungskopfschmerzen entstehen dann, wenn das körpereigene Schmerzregulationssystem überstrapaziert wird. Um das zu vermeiden, muss man dem System immer wieder die Möglichkeit geben, sich zu erholen. Man kann dem Schmerz vorbeugen, indem man beanspruchende Faktoren wie Stress oder eine fehlerhafte Körperhaltung minimiert. Entspannungstechniken, regelmäßige Pausen während der Arbeit, erholsamer Schlaf und ausreichendes Trinken schonen das körpereigene Regulationssystem.
Und wie sieht es bei Migräne aus? Was können Betroffene tun, um ihre Schmerzen zu lindern und Migräneattacken in den Griff zu bekommen?
Bei akuten Migräneattacken ist neben der Abschirmung von äußeren Reizen wie Licht und lauten Geräuschen eine möglichst frühe und ausreichende Medikamenteneinnahme wichtig. Bei leichten bis mittelstarken Attacken sind gebräuchliche Schmerzmittel wie Aspirin oder Ibuprofen die Mittel der Wahl. Bei schweren Migräneattacken oder fehlendem Ansprechen auf gebräuchliche Schmerzmittel können spezielle Migränemittel, sogenannte Triptane, als Tablette, Nasenspray oder Spritze verabreicht werden. Manchmal kann es außerdem sinnvoll und notwendig sein, ein Mittel gegen Übelkeit einzunehmen.
Aber auch Migränepatienten sollten nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht aus den Augen verlieren: Ausdauersport, progressive Muskelentspannung, die richtige Ernährung und regelmäßiger Schlaf tragen dazu bei, Migräneanfälle zu reduzieren. Treten mehr als drei Migräneattacken pro Monat auf oder der Patient steht unter besonders hohem Leidensdruck, kann auch eine medikamentöse Prophylaxe in Frage kommen. Hier sollte man aber zuerst einen ausführlichen Kopfschmerzkalender führen und einen Neurologen aufsuchen.
Das heißt also, der Neurologe ist der richtige Ansprechpartner bei Kopfschmerzen?
Ja, Betroffene können sich an den Hausarzt oder den Neurologen wenden. In den meisten Fällen können Kopfschmerzenserkrankungen gut ambulant behandelt werden. Bei komplizierten Verläufen gibt es spezialisierte Ambulanzzentren und Kliniken, die ein multimodales Therapieprogramm anbieten.