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Virtuelle Sprechstunden: Michael Freimann über die Vor- und Nachteile der Digitalisierung des Arzt-Patienten-Gesprächs

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Seit April 2017 werden Videosprechstunden mit Patienten vergütet¹. Genutzt wurde diese Möglichkeit vor der Covid-19-Pandemie eher selten: Eine Erhebung der Stiftung Gesundheit Ende 2017 ergab, dass zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 1,8 Prozent der ambulant tätigen Ärzte diese auch anwendeten, weitere 2,7 Prozent standen in der konkreten Vorbereitung. Mehr als die Hälfte der Ärzte sprach sich strikt gegen diesen Kommunikationsweg aus (57,7 Prozent).

Die Situation hat sich gewandelt: Seit Frühjahr 2020 bieten 52,3 Prozent der Ärzte Videosprechstunden an, weitere 10,1 Prozent wollen sie kurzfristig einrichten. Lediglich etwa ein Drittel (37,6 Prozent) der Ärzte bietet diese Möglichkeit nicht an und hat dies auch kurzfristig nicht vor. „Bei der Videosprechstunde steht dem Patienten immer der richtige Experte zur Verfügung: Ärzte aller Fachrichtungen nehmen teil“, stellt Michael Freimann, Chef der DAK-Gesundheit in Würzburg, die Vorteile auch mit Blick auf das Angebot im eigenen Haus heraus.

Denn hier wird seit Anfang 2016 der DAK-Ärzte-Videochat² umgesetzt. „Ärzte können etwa Fragen zu Medikamenten beantworten oder beim Anlegen von Verbänden beraten.“ Der Videochat ermögliche eine persönliche Beratung ohne langes Warten auf einen Termin. „Das spart nicht nur Zeit, sondern verhindert auch mögliche Ansteckungsgefahr im Wartezimmer. Vor allem für Eltern kleiner Kinder ist dies eine denkbare Option.“ Darüber hinaus könnten Patienten den Videochat nutzen, um nach einem Arztbesuch eine zweite Fachmeinung einzuholen. Auch pflegende Angehörige könnten sich über das Angebot niederschwellig beraten lassen.

Freimann stellt aber auch klar: „Die Ärzte können im Videochat nicht behandeln und keine Diagnose stellen. Versicherte bekommen lediglich eine kompetente Beratung. Die Bertelsmann-Studie belegt, dass eine ärztliche Behandlung durch virtuelle Kontakte sinnvoll ergänzt werden kann.“ Der Videochat der DAK ist montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr geöffnet – also länger als die meisten Arztpraxen. „Voraussetzungen sind Webcam, Mikrofon respektive eine App auf dem eigenen Handy – und ausreichend schnelles Internet“, erklärt Freimann.

Sorgen um die eigenen Daten müsse man sich laut dem Würzburger DAK-Chef nicht machen. Alle teilnehmenden Ärzte seien an ihre Schweigepflicht gebunden. Weder Angehörige noch die behandelnden Mediziner noch die DAK-Gesundheit würden erfahren, was im Chat besprochen wird. Den Ärzten wiederum lägen auch keine Unterlagen der Krankenkasse vor. Bei aller Euphorie für die Videosprechstunde gibt es aber auch Grenzen. Bestimmte Krankheiten oder Probleme können nur im persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch abgehandelt werden, so Freimann. Das Angebot solle, ebenso wie die sich gerade in der Testphase befindliche, digitale Kommunikationsplattform zum eigenen Haus- und Facharzt „meinarztdirekt.de“, als Ergänzung zur ärztlichen Versorgung gesehen werden.

Quelle:
¹https://hih-2025. de/wp-content/uploads/2020/06/Studie-zur-Videosprechstd_hih_SG.pdf,
²https:// legolas.md-medicus.net/Medicus/DAK/dakdemanf.nsf/DocVideoPage?OpenPage

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