
©Lisa Schmitt, Klinikum Main-Spessart
„Die Neurologie befasst sich mit Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems sowie Muskelerkrankungen“, erklärt Professor Martin Berghoff, Chefarzt der Neurologie am Klinikum Main-Spessart in Lohr am Main. Zu den wichtigsten Erkrankungen seines Fachgebietes gehören der Schlaganfall, Epilepsie, Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson. Des Weiteren kümmert sich der Experte, der seit Ende 2023 in Lohr am Main tätig ist, um autoimmunentzündliche Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, etwa um Multiple Sklerose (MS). „Wir behandeln zudem Patientinnen und Patienten mit Epilepsie, einer häufigen neurologischen Erkrankung, und jene mit Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson und verschiedenen Schmerzsyndromen.“ Deutlich seltener treffe der Arzt auf die Trigeminusneuralgie (Gesichtsneuralgie). Kein Wunder, ist es doch eine eher seltene Erkrankung, die etwa 30.000 Menschen – zumeist Ältere – in Deutschland trifft. „Es handelt sich um eine Erkrankung des fünften Hirnnervens (Trigeminusnerv)“, so der Fachmann. „Dieser hat drei Äste und versorgt den Stirn- und Wangenbereich. Meistens ist auch der zweite Ast betroffen.“ Professor Berghoff zufolge zeichne sich die Erkrankung „durch blitzartig plötzlich einschießende, sehr starke Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervs“ aus. Getriggert werden könne ein solcher Anfall unter anderem durch Speisen und Getränke oder durch mechanische Manipulation beim Zähneputzen. Die Folgen für die Lebensqualität sind gravierend. „Die Erkrankung kann zu Gewichtsverlust und Depressionen führen.“ Die therapeutischen Möglichkeiten seien begrenzt. Den Griff zu den „üblichen Verdächtigen“ aus der Gruppe der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) könne man sich sparen. „Bei einer Trigeminusneuralgie helfen schmerzdistanzierende Substanzen“, erklärt der Facharzt. Am wirksamsten sei Carbamazepin. Wenn diese Therapie nicht greift, könne auf Antikonvulsiva wie Topiramat oder Lamotrigin zurückgegriffen werden. Würden diese Medikamente nicht anschlagen, rät er zu weiterer Diagnostik, etwa einem MRT des Schädels. „Es gibt Patientinnen und Patienten mit einem sogenannten Gefäß-Nervenkontakt. Das heißt, man geht davon aus, dass der Nerv durch diesen Kontakt mit einem Gefäß gereizt wird (neurovaskuläre Kompression).“ Hier komme auch eine operative Lösung in Betracht. Doch es gebe auch andere Ursachen, die unter dem Begriff sekundäre Trigeminusneuralgie zusammengefasst werden. Dazu gehören unter anderem Schlaganfälle, Multiple Sklerose oder Hirntumore. Gibt es weitere therapeutische Ansätze? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Trigeminusneuralgie als eine von 40 Indikationen für eine Akupunktur berücksichtigt. Die Wirksamkeit ist jedoch umstritten. Naturheilkundliche Ansätze spielen aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes eine untergeordnete Rolle. Professor Berghoff betont allerdings: „Ich habe Verständnis dafür, wenn Betroffene auch alternative Möglichkeiten in Betracht ziehen.“
Quelle: 1 www.dmkg.de/files/dmkg.de/Empfehlungen/030016_LL_Trigeminusneuralgie_2023_1704962946257.pdf