Wenn es kribbelt und schmerzt

Die Physiotherapeutinnen Renée und Laura Sielemann über den Bandscheibenvorfall

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Hier stimmt etwas nicht. Betroffenen ist das meist sofort klar. Sie haben eine ruckartige Bewegung gemacht. Aus dieser resultiert ein stechender Schmerz. Die Muskeln verkrampfen sich. Auch ein Taubheitsgefühl kann auftreten. Andere quälen sich über eine längere Zeit mit Rückenschmerzen und Einschränkungen in ihrer Beweglichkeit. Alle eint eine Diagnose: Bandscheibenvorfall! Ein solcher „tritt am häufigsten bei Menschen zwischen 30 und 50 Jahren auf“, informiert das Deutsche Zentrum für Orthopädie¹. „Jede unserer 23 Bandscheiben besteht im Inneren aus dem sogenannten Gallertkern (Nucleus pulposus), der wie eine Art Gelkissen wirkt – umschlossen von einem harten Faserring, der den Kern in Position hält“, erklären die Physiotherapeutinnen Renée und Laura Sielemann. „Insgesamt wirken sie wie ein Puffer zwischen den Wirbelkörpern, um Zug- und Druckkräfte aufzunehmen.“

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Bei einem Bandscheibenvorfall ist es zu einem Durchbruch des Gallertkerns einer Bandscheibe durch ihren Faserring infolge von entstandenen Rissen und dadurch herabgesetzter Elastizität gekommen. „Das kann auf Nerven drücken und Schmerzen auslösen.“ Den Expertinnen zufolge kann dies der Fall sein im Alter oder durch wiederholte Fehlbelastung oder -haltung: Viel Sitzen, schweres Heben oder Übergewicht würden der Funktion der Bandscheiben schaden. „Die Beschwerden hängen davon ab, auf welcher Höhe der Wirbelsäule sich der Bandscheibenvorfall befindet, wie ausgeprägt er ist und ob Nervenwurzeln beteiligt sind.“ Allgemein können (plötzliche) Schmerzen und Muskelverhärtungen auftreten. „Meist geschieht das in der Lendenwirbelsäule. In diesem Fall kann es im Bein schmerzen oder kribbeln.“ Würden Lähmungen auftreten, sei Eile geboten. Jetzt heiße es, sofort eine:n Ärzt:in zu kontaktieren. Vielfach sei jedoch eine konservative Behandlung zum Beispiel mit Physiotherapie und Medikamenten zielführend. Das sagt auch Dr. Christian Walter, leitender Oberarzt und Bereichsleitung für Wirbelsäulenchirurgie an der Orthopädischen Universitätsklinik Tübingen²: „Nach unserer Erfahrung ist die Operation nicht immer die einzige und beste Option.“

Aktuelle Untersuchungen zeigten ihm zufolge, dass 15 bis 30 Prozent der operierten Patient:innen nach der Operation an anhaltenden respektive wiederkehrenden Beschwerden leiden würden, die meist auf die bereits zum Diagnosezeitpunkt bestehende Abnutzung der erkrankten Bandscheibe selbst oder aber auch durch Vernarbungen durch die Operation hervorgerufen werden können. Auch könne bei einer bereits voroperierten Bandscheibe an derselben Stelle ein erneuter Vorfall auftreten. Er plädiert daher für eine Abwägung. Was kann man also tun? Die Physiotherapeutinnen aus Oberdürrbach raten zur Stufenlagerung zur kurzfristigen Entlastung. Daneben sei eine Rumpfstabilisation durch das Trainieren der kurzen Muskeln zur Wirbelsäule sowie das Aufdehnen der verkürzten vorderen Muskulatur angeraten. Das diene auch der Vorbeugung. In der Akutphase sollten täglich Übungen gemacht werden. Und daneben gilt: Wärme, Wärme, Wärme.

Quellen:
¹https://deutsches-zentrum-fuer-orthopaedie.de/wirbelsaeule/die-haeufigsten-wirbelsaeulenbefunde/bandscheibenvorfall,
²https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/patienten-und-besucher/expertentipps/orthopaedie/bandscheibenvorfall-op

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