Normalerweise stehen der Kopf und der Oberkörper in einer Linie über dem Kreuzbein und somit im Lot über dem Becken. Diese aufrechte Ausrichtung der Wirbelsäule sorgt für Stabilität im Körper. Ist die Wirbelsäule zur Seite und in der Rotation verkrümmt, spricht man von einer Skoliose. Äußerlich erkennbar ist die Skoliose, wenn eine Schulter höher steht, sich ein „Rippenbuckel“ oder eine „Lendenwulst“ am Rücken abzeichnet oder das Becken schief steht. Manchmal ist das mit einer Asymmetrie des Brustkorbes vergesellschaftet und Veränderungen wie einer Trichter- oder Kielbrust (Einziehung oder Vorwölbung des Brustbeines). Je ausgeprägter die Skoliose ist, desto mehr ist sie äußerlich sichtbar und kann dann auch zu Beschwerden führen. „Es gibt verschiedene Formen der Skoliose, die je nach Ausprägung, Art der Verkrümmung, Ursache oder Alter der Betroffenen klassifiziert werden“, wissen Prof. Peter Raab, Leitender Arzt der Kinderorthopädie, Wirbelsäulenorthopädie, Neuroorthopädie, und Dr. Gaby Baron, Fachärztin für Orthopädie, Kinderorthopädin sowie Osteologin. Die Orthopädin und der Orthopäde aus dem König-Ludwig-Haus in Würzburg kümmern sich um Skoliosen im Kindes- und Jugendalter, leiten Behandlungen mit Korsett und Physiotherapie ein und nehmen damit Einfluss auf die weitere Entwicklung einer „juvenilen Skoliose“ oder „Adoleszenten-Skoliose“. Häufig sehen sie aber auch sogenannte degenerative Skoliosen bei älteren Patientinnen und Patienten. „Durch Abnutzung der Bandscheiben, Arthrose der Zwischenwirbelgelenke mit Instabilität oder durch osteoporotische Veränderungen der Wirbelsäule kommt es im fortgeschrittenen Alter zu einer Wirbelsäulenverkrümmung“, so Prof. Raab. Von „sekundären Skoliosen“ spreche man, wenn sich Fehlstellungen nach einer Fraktur oder einer Operation, etwa durch einen Tumor im Wirbelsäulenbereich entwickeln, oder durch größere Beinlängendifferenzen, die nicht ausgeglichen wurden. Diese Art von Skoliose könne alle Altersgruppen betreffen. Die häufigste Art von Skoliose bei Kindern und Jugendlichen ist die „Idiopathische Adoleszenten-Skoliose“. „Diese tritt um den pubertären Wachstumsschub herum, meist im 11. bis 13. Lebensjahr auf, und entwickelt sich in dieser Zeit häufig sehr rasch. Ursachen hierfür sind nicht bekannt. Wir wissen jedoch, dass Mädchen doppelt so oft betroffen sind wie Jungen“, so Prof. Raab. Daneben gebe es noch die sogenannte kongenitale Skoliose, eine angeborene Fehlbildung einzelner oder mehrerer Wirbelkörper, die bereits kurz nach der Geburt auffällt, und die „juvenile Skoliose“, die meist im Vorschul- oder Grundschulalter auftritt. „Beide verschlechtern sich deutlich im Wachstumsprozess“, führt Dr. Baron aus, und bedürften einer engmaschigen Kontrolle und intensiven Behandlung. Ab einer Verkrümmung von etwa 20 Grad komme es zu äußerlichen Auffälligkeiten. Bei Krümmungswinkeln von 45 bis 50 Grad seien die biomechanische Situation so ungünstig und Beschwerden sehr häufig, so dass eine Operation in Erwägung gezogen werden sollte. „Die angeborene, juvenile und Adoleszenten-Skoliose müssen unbedingt orthopädisch begleitet werden, um eine Verschlechterung aufzuhalten. Im Zentrum der Behandlung steht das sogenannte Cheneau Korsett, das konsequent und über mindestens 16 Stunden täglich getragen werden muss. Ebenso wichtig sind begleitend rumpfstabilisierende Übungen, die die Betroffenen in Eigenregie regelmäßig ausführen sollten“, erzählen Raab und Baron aus der Praxis. Auch für alle anderen Arten der Skoliose sei es ratsam, körperlich aktiv zu bleiben, um sich mit kräftigenden Übungen ein „Muskelkorsett“ zuzulegen, so Prof. Raab. Bei der degenerativen Skoliose bestimme der individuelle Leidensdruck, ob eine Ärztin oder ein Arzt konsultiert wird. „Diese Schmerzen werden nicht anders behandelt als konventionelle Rückenschmerzen: Aufklärung über die Situation nach adäquater Diagnostik, Muskelaufbau, Förderung körperlicher Aktivität, bei Bedarf Schmerzmittel, stützende Bandagen, in speziellen Fällen auch eine Operation“, sagen die Expertin und der Experte aus dem König-Ludwig-Haus.
Wenn die Wirbelsäule aus der Reihe tanzt
Die Orthopäden des König-Ludwig-Hauses, Dr. Gaby Baron und Professor Peter Raab, zum Thema Wirbelsäulenverkrümmung, die Skoliose
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