Verliert das „K - Wort“ den Schrecken?

Die Forschung setzt auf personalisierte Krebsmedizin

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„Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie – das sind seit Jahrzehnten wichtige Elemente der Krebstherapie“, so der Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)¹. Fortschritte in der medizinischen Forschung hätten jedoch zur Entwicklung neuer Verfahren geführt, die eine individuell auf Patient:innen zugeschnittene Therapie ermöglichen. Beispiele hierfür sind die sogenannten zielgerichteten Medikamente. „Diese kamen zunächst vor allem bei Patient:innen mit fortgeschrittener Erkrankung zum Einsatz, um die Krebserkrankung in Schach zu halten. Inzwischen werden sie bei bestimmten Tumoren auch in früheren Krankheitsstadien angewendet, mit dem Ziel, die Heilungschancen zu erhöhen.“

Doch wie funktionieren personalisierte Behandlungsansätze? Und was ist der aktuelle Forschungsstand? „Krebszellen haben Eigenschaften, die sich als Therapieziele eignen könnten“, erklärt Dr. Eva Krieghoff-Henning vom Krebsinformationsdienst. „Krebszellen teilen sich weitgehend unabhängig und sie teilen sich unbegrenzt.“ Die Crux: Das Immunsystem erkenne Krebszellen manchmal kaum, da es nur wenige Erkennungsmerkmale gebe. Sie weichen dem Immunsystem aus und verlieren Kontrollmechanismen. „Krebszellen können in entfernten Organen neue Tumore bilden. Wahrscheinlich können das aber bei vielen Krebserkrankungen nicht alle, sondern nur die Krebs-Stammzellen“, so die Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Wissensmanagement. Könnte auch ein veränderter Stoffwechsel ein Therapieziel sein? „Vielleicht ja“, sagt Krieghoff-Henning. Es sei hier noch viel Forschung nötig. Sie stellt zudem klar: „Krebs ist nicht gleich Krebs.“ Das zeigen nicht zuletzt die ganz unterschiedlichen Arten von Brustkrebs².

Was ist also im Werkzeugkasten für neue Krebstherapien? Heute gebe es diagnostische Verfahren wie Genpanels³ oder die sogenannte Liquid Biopsy („Flüssigbiopsie“)⁴. Und neue Ansätze wie zum Beispiel die zielgerichtete Therapie: „Das ist ‚klassischerweise‘ eine Behandlung, die punktgenau eine respektive einige wenige Strukturen in der Krebszelle ansteuert, um dort wichtige Signal- und/oder Stoffwechselwege zu unterbrechen.“ Ein anderes Beispiel sei die Immuntherapie. „Das ist eine Therapie, die hauptsächlich darauf ausgerichtet ist, das Immunsystem auf den Tumor ‚anzusetzen‘.“ Darüber hinaus gebe es die Virotherapie. „Das ist eine Behandlung mit bestimmten Viren, die bevorzugt oder ausschließlich Tumorzellen befallen und zerstören.“

Besteht also Hoffnung, dass das „K-Wort“ seinen Schrecken verliert? Dr. Krieghoff-Henning zeigt sich vorsichtig optimistisch. Sie weist darauf hin, dass das Wissen um die Eigenschaften von Krebs und die zur Verfügung stehenden Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten rasant zunehmen würden. „Dennoch ist noch viel Forschung nötig, bis allen Krebspatienten eine optimal ‚personalisierte‘ Therapie angeboten werden kann.“ Und auch die Kosten könnten diese Entwicklung noch ausbremsen: Prof. Christoph Straub, der Barmer Ersatzkasse, weist auf einen exponentiellen Anstieg der Ausgaben für onkologische Arzneimittel für Barmer-Versicherte in den letzten Jahren hin⁵. Und das sei nicht so, weil es mehr Tumorerkrankungen gebe, sondern weil die neuen Onkologika um ein Vielfaches teurer seien als herkömmliche Präparate und zudem in Deutschland teurer als in anderen europäischen Ländern. Er wettert damit nicht gegen personalisierte Medizin per se, sondern gegen die Preispolitik der Hersteller der neuen Onkologika. Wenn zwölf Prozent der Patienten diese bekommen, sei das für 41 Prozent der Ausgaben der Kasse verantwortlich.

Quellen:
¹www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/online-veranstaltungen-zu-krebs.php,
²www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/klassifikation.html,
³www.genetikum.de/de/genetikum/Infothek/infothek_detail.php?oid=702&p=5&dtl=&k=Was+sind+Gen-Panels,
www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/diagnosemethoden/liquid-biopsy.html,
www.barmer.de/presse/infothek/studien-und-reporte/arzneimittelreporte/arzneimittelreport-2017-305032,
www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2201445

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