Über das Grauen des Ergrauens

Für Altersmediziner Dr. Michael Schwab ist Stress ein Auslöser für graue Haare

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©Pat Christ

Manchem Menschen sieht man an, dass er eine bewegte Vergangenheit hat. Davon erzählt der Blick. Die tief ins Gesicht eingegrabenen Falten. Und auch die eisgrauen Haare. Dass sich Haare irgendwann zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr entfärben, ist laut dem Würzburger Altersmediziner Dr. Michael Schwab genetisch festgelegt. Aber auch durch Stoffwechselstörungen, Infektionskrankheiten, Medikamente und Stress können Haare grau werden. Letzteres sei aktuell durch Messungen bewiesen worden.  Da gibt es ein heftiges, unlösbar erscheinendes Problem – und man hat sich die ganze Nacht einen Kopf darüber gemacht und deshalb wach gelegen. Oder eine „Dauerbaustelle“ im Leben macht zu schaffen. Vielleicht die Versorgung der an Demenz erkrankten Mutter. Solche Situationen sorgen für Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol. „Und die schädigen Haarfollikel“, so Michael Schwab. Das, erklärt er, sei jener in der Haut gelegene Teil des Haares, in dem die Einfärbung erfolgt. Auf biochemischer Ebene habe man Veränderungen von rund 300 Proteinen im Haarfollikel nachweisen können, die mit der Entfärbung der Haare in Zusammenhang stehen. In schönen, entspannenden Situationen, in denen man sich wohlfühlt, sorgt man umgekehrt gleichzeitig auch für seine Haare. „Ein spannendes Ergebnis der neusten Studien ist, dass sich beginnende stressbedingte Veränderungen in der Haarpigmentierung durch Stressreduktion wieder zurückbilden können“, so der Geriater. Nachwachsende Haare können also wieder pigmentiert sein. Um Stresshormone zu reduzieren, empfiehlt der Mediziner des Würzburger Bürgerspitals erholsamen Schlaf. „Dieser hat unter anderem über die Freisetzung des sogenannten Schlafhormons Melatonin einen fördernden Einfluss auf das Wachstum der Haare.“ Im Übrigen sei „grau“ in Bezug auf Haare, dem Arzt zufolge, ein dehnbarer Begriff. „Graue Haare gibt es eigentlich gar nicht, Haare sind entweder pigmentiert mit der natürlichen Haarfarbe, also blond, braun, rot oder schwarz, oder sie sind ohne Pigment und dann eigentlich farblos, erscheinen aber durch Lufteinschlüsse weiß“, erläutert er. Der graue Farbton entstehe durch eine Mischung „weißer“ und pigmentierter Haare. Als Altersmediziner sehe er alle Facetten: „Pseudoweiß und pigmentiert gemischt, ganz weiß oder bunt gefärbt in alle Richtungen.“ Seine geriatrischen Patientinnen und Patienten tragen die von ihnen gewählte Facette in der Regel selbstbewusst und mit Stolz: „Und das mit Recht.“

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