Schrei nach Veränderung

Glutenfreie, laktosefreie und vegane Torten und Süßwaren

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Seit 22 Jahren haben die Schulers einen Liefer- service von handgemachten Torten inne. Seit zehn Jahren fertigen sie glutenfreie, laktosefreie und vegane Torten und Süßwaren für eine stetig wachsende Klientel. Foto: Privat

Bis vor zehn Jahren hatten der Bäcker- und Konditormeister Rainer Schuler und seine Frau Nadja einen gutgehenden konventionel- len Lieferservice für selbstgemachte Torten und Kuchen. Dann erblickte Sohn Ferdinand das Licht der Welt und schrie, und schrie und schrie … „Familie und Freunde sagten, es gibt halt ‚Schreikinder‘, damit muss man sich abfinden“, erzählt Mutter Schuler. Schulers wollten sich aber nicht abfinden, und glaubten auch nicht, dass Kinder ohne Grund einfach schreien. Die lösungsorientierte, nicht aufgeben wollende, Nadja Schuler ging mit ihrem schreienden Kind schließlich zu einer Heilpraktikerin, die bei Ferdinand eine Allergie auf Weizen und raffinierten Zucker feststellte.

Die stillende Mutter strich beides von ihrem Speiseplan und drei Tage später habe Ferdinand nur noch geschrien, wenn er Hunger hatte, so Nadja Schuler. Diese Erfahrung, und die kurz darauf aufgetretene Weizenunverträglichkeit von Rainer Schuler, habe das Ehepaar umdenken lassen. Der Familie und der Gesundheit zuliebe, wurde der Betrieb neu gedacht. Zunächst erfolgte in der Produktion eine Umstellung auf Biodinkelmehl und Rohrzucker. Im nächsten Schritt entstand dann die erste glutenfreie, laktosefreie und vegane Konditorei und Bäckerei im Landkreis Schweinfurt, selbstverständlich weiterhin mit Torten-Lieferservice.

„Das ist immer noch unser Hauptgeschäft. Rund 70 Prozent des Umsatzes sind Torten für familiäre Anlässe (Hochzeit, Taufe, Kommunion, Geburtstag), die anderen 30 Prozent sind der Abverkauf an Laufkundschaft – hauptsächlich durch den festen Marktstand in Würzburg,“ freut sich Dreh- und Angelpunkt der Produktion, Konditormeister Rainer Schuler. Mit nur einer Hilfe in der Backstube und Frau Nadja, die ihr Wissen als gelernte Bankkauffrau in die Buchhaltung und Disposition miteinbringt, schaffen es die Schulers mit drei Kindern und drei Filialen (Würzburg, Waigolshausen und Bad Kissingen) in Hochzeiten zwischen 30 und 70 Torten in der Woche zu fertigen.

„Die Nachfrage, gerade nach glutenfreien, laktosefreien oder veganen Torten, sei so groß, dass wir gut und gern noch Verstärkung in Persona eines zweiten Konditors oder einer zwei- ten Konditorin in der Backstube gebrauchen könnten“, sagt Rainer Schuler. Warum steigt die Nachfrage in den letzten Jahren so rapide, wollte Lebenslinie von den Schulers wissen. Zum einen seien es die Allergien und Unverträglichkeiten, die in der Gesamtbevölkerung stetig zunähmen, ebenso wie das Bewusstsein, sich gesünder ernähren zu wollen, so Nadja Schulers Eindruck aus dem täglichen Kundenkontakt.

Die Basiszutaten der Torten und anderen Backwaren außerhalb des glutenfreien Sortiments seien daher Demeter Ur-Dinkel, Bio-Rohrohrzucker, Bio-Eier, Bio-Butter und Bio-Sahne. Die verwendeten Früchte bekommen Schulers größtenteils aus der Region wie etwa Erdbeeren von einem Bio-Bauern aus Gartstadt.

„Am Ende wird alles gut, und wenn es noch nicht gut ist, ist es nicht das Ende“, wusste schon Oscar Wilde. Und davon konn- ten die Schulers auch ein Lied singen in der Anfangszeit der Umstellung auf gluten- und laktosefrei. Wie heißt es auf Neudeutsch so schön: Trial and Error (Versuch und Irrtum) – „davon war die Ausprobierphase bestimmt“, berichtet der Chef der Backstube.

Vegane Torten gibt es bei Schulers nur als Creme- torten, da sie sich nach reiflicher Überlegung gegen die Verwendung von Sojamilch für vegane Sahnetorten entschieden haben. Vegane Kuchen sind auf Ölbasis gefertigt – hauptsächlich mit Sonnenblumenöl. In glutenfreien Cremtorten sei beispielsweise Reismilch und in laktosefreien Torten laktosefreie Bio-Sahne, plaudert der Konditor ein wenig aus dem Nähkästchen.

Kuhmilch findet bei den Schulers kaum Verwendung, da auch hier ihre Überzeugung von gesunden Zutaten in eine andere Richtung driftet. „Kuhmilch ist gut für die Aufzucht von Kälbern, aber nicht für ausgewachsene Menschen“, meint die Metz- gerstochter Nadja Schuler.

Manchmal braucht es einen Schrei, um aufzuwachen und seinem Leben und Arbeiten eine andere Richtung zu geben. Bei den Schulers war es das Schreien von Ferdinand!

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