Pflegebedürftig: Ja oder Nein?

Michaela Monno-Linde steht bei Fragen rund um die Pflegebegutachtung im Landkreis Main-Spessart Betroffenen und Angehörigen beratend zur Seite

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Das Geschirr steht noch von gestern. Der Teppich ist mindestens seit einer Woche nicht mehr gesaugt. Das Regal gehört dringend abgestaubt. So hat das früher nie bei Mama ausgeschaut! „Sehen Töchter oder Söhne das, sind sie versucht eine Pflegebegutachtung zu beantragen“, sagt Michaela Monno-Linde von der Fachberatung für pflegende Angehörige der Caritas in Main-Spessart. „Nur, weil die Wohnung nicht mehr so sauber ist wie früher, sind Eltern nicht pflegebedürftig“, erklärt die Pflegefachfrau. Zurecht hingegen schrillen die Alarmglocken, stellen Kinder fest: Die Mutter müffelt. Sie scheint sich nicht mehr richtig zu waschen. Vielleicht, weil sie nicht mehr in die Dusche kommt. Bei Defiziten in der Körperpflege, so Monno-Linde, sollte man auf jeden Fall über eine Pflegebegutachtung nachdenken. Kommt der Medizinische Dienst, ist es wichtig, sich gut vorzubereiten: „Neben der Feststellung des Pflegegrades geht es auch um Gelder.“ Der Medikamentenplan sollte vorliegen. Arztberichte. Verordnungen. Im Internet gibt es Selbsteinschätzungsbögen, etwa vom Sozialverband VdK: „Es wäre gut, sich mal anzugucken, was da alles abgefragt wird.“ Die Begutachtung selbst flößt Angehörigen und Pflegebedürftigen häufig ein mulmiges Gefühl ein. Aus ihrer konkreten Erfahrung im Landkreis Main-Spessart kann Monno-Linde jedoch beruhigen: „Die meisten, wirklich, die allermeisten Gutachterinnen und Gutachter sind empathisch und zugewandt.“ Natürlich gebe es auch einige, die knallhart und ohne Empathie agierten: „Und die nicht wirklich zuhören.“ Aber die stellten die absoluten Ausnahmen dar. Das Gutachten sollte man sich im Nachgang zuschicken lassen, um zu sehen, wie der pflegebedürftige Angehörige aus welchen Gründen bewertet wurde. Kommen Pflegende zu dem Schluss, dass zu gering eingestuft wurde, können sie einen höheren Pflegegrad beantragen. Wird der Antrag abgelehnt, könne Widerspruch eingelegt werden. In diesem Fall sei es, nach Monno-Lindes konkreter Erfahrung, am besten, wenn die Menschen Mitglied beim VdK sind: „Der berät kompetent und mit viel Zeit, die Mitarbeitenden schreiben sogar die Widersprüche.“ Fast alle Widerspruchsschreiben, von denen sie weiß, seien mit Hilfe des Vdks durchgegangen. Oft stehe und falle ein Widerspruch mit der richtigen Wortwahl. Es sollte genau dargelegt sein, warum jemand denkt, dass die Einstufung zu niedrig war. Die Fachfrau beobachte, dass die Krankenkassen in den letzten Monaten restriktiver geworden seien, und es dadurch vermehrt zu Ablehnungen gekommen ist: „Gerade bei einer Krankenkasse fällt mir das im Moment sehr auf.“ In den vergangenen Monaten habe sie von zehn Ablehnungen allein von dieser einen Krankenkasse im Landkreis Main-Spessart erfahren. Es gebe gleichzeitig, nachdem es vielen Menschen finanziell schlechter geht, einen weiteren „Trend“: „Nicht selten wird das Pflegegeld genutzt, um das Familienbudget aufzubessern.“ Im Einzelfall sei das vielleicht verständlich. Aber natürlich nicht im Sinne des Erfinders.

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