Neue Wege in der Pflege?

Die Region Mainfranken GmbH hat eine „Pflegeoffensive“ gestartet. Dazu hat sich die Lebenslinie mit Geschäftsführerin Åsa Petersson unterhalten

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„Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas. Jetzt sehen wir wirklich, wo es brennt“, erläutert Åsa Petersson die Beweggründe für eine groß angelegte „Pflegeoffensive“, die die Region Mainfranken GmbH im Sommer 2020 ins Leben gerufen hat. Zum einen bestehe seit Jahren ein demografisches Problem in der Region – der Bevölkerungsanteil älterer Menschen nehme zu und diese müssten künftig gepflegt werden. Zum anderen bleibe der Nachwuchs in den Pflegeberufen aus. „Es fehlen rund 30.000 Fachkräfte in Mainfranken, ein erheblicher Teil davon in Pflege- und Gesundheitsberufen“, so Petersson. „Unsere Kliniken und Pflegeeinrichtungen befinden sich in einem intensiven, überregionalen Wettbewerb um Talente“, betont die Geschäftsführerin, deren Regionalentwicklungsgesellschaft bereits seit zehn Jahren das Thema „Gesundheit“ besetzt. Die Aktivitäten beinhalten unter anderem eine in Partnerschaft mit den mainfränkischen Top Arbeitgeber Gesundheit entwickelte bundesweite Werbekampagne mit einer positiven Darstellung Mainfrankens als Region mit hoher Lebensqualität.

Zeit für Veränderung
Es müsse aber vor allem gelingen, die Gesundheitsberufe attraktiver zu machen. „Pflege ist aktuell ein Beruf, der vielleicht mehr fordert als er gibt“, sagt Petersson mit Blick auf die Bezahlung als auch auf die Arbeitsbedingungen. Es sei harte körperliche Arbeit und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nur bedingt gegeben. „Eine angemessene Vergütung hat Priorität aber auch eine grundlegende Veränderung muss stattfinden“, die sich mit den Bedürfnissen älterer Pflegekräfte auseinandersetze und mehr an den Wünschen und Vorstellungen junger Bewerber orientiere. Diese würden nämlich nicht vorrangig die Bezahlung in den Fokus stellen, sondern vor allem das Ausüben einer sinnstiftenden Tätigkeit. Auch die „Work-Life-Balance“ spiele eine große Rolle bei der Berufswahl.

Künftig werde IT-Wissen verstärkt nachgefragt, schildert Åsa Petersson. Stichwort „Telemedizin“. Hier entstehen neue Berufe wie zum Beispiel „mobile Nurses“. Diese fahren technisch gut gerüstet zu Schlaganfall-Patientinnen und Patienten und können auf dem Weg ins Krankenhaus sogar auf Anweisung eines per Video zugeschalteten Arztes schon erste Maßnahmen einleiten. Mit der Einführung der Generalistik finden bereits erste Veränderungen in der Ausbildung zur Pflegefachfrau respektive zum Pflegefachmann statt. Seit diesem Jahr ist ein EU-weit anerkannter Abschluss etabliert. Dadurch erhielten Absolventinnen und Absolventen durch den Erwerb allgemeingültiger Kenntnisse die Chance, sich im Laufe ihrer Karriere umzuorientieren und den Tätigkeitsschwerpunkt im Pflegebereich zu wechseln, wie Regierungsdirektorin Sonja Stopp vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im Zuge des 7. Mainfränkischen Gesundheitssymposiums im November 2020 unter dem Titel „Neue Wege in der Pflege“ berichtete. Und das fruchtet bereits. „Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Zahl der Ausbildungsanfänger in Bayern um rund 700 erhöht“, so Stopp.

Eine zweite, positive Veränderung betrifft Würzburg direkt. Am hiesigen ­Uniklinikum gibt es ein neues Studienangebot. Ab dem Wintersemester 2021/22 wird der Bachelorstudiengang „Pflege“ angeboten. Ziel sei es, das wurde während des von der Region Mainfranken GmbH organisierten Symposiums deutlich, dass künftig mehr Vertrauen in die Kompetenz von Pflegekräften gesetzt werden solle. Wünschenswert wäre, dass studierte Pflegekräfte in Zukunft ihr heilkundliches Fachwissen vollumfänglich anwenden dürften und mit dem Studium so neue Kompetenzbereiche für Pflegende hinzukämen. Die „Pflegeoffensive“ der Region Mainfranken GmbH ist langfristig angelegt. „Unser Unternehmensziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu stärken und die Lebensqualität zu erhöhen. Das ist eine Aufgabe, die nie aufhört“, so Åsa Petersson. Die Möglichkeiten für Menschen, die in die Pflege gehen, sind mittlerweile deutlich breiter gefächert. „Wir müssen weg von den stereotypischen Berufsbildern, die auch junge Menschen heute noch im Kopf haben. Es gibt in der Pflege einen bunten Strauß an Karrieremöglichkeiten. Durch diese neuen Wege, die gerade entstehen, wird ganzheitliche Pflege möglich.“

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