Nahversorgung in Bio – nur ein Trend?

Bio-Einzelhändler Karl-Heinz Ursprung über die Notwendigkeit des Umdenkens

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Während der Hochphase der Corona-Pandemie in Deutschland wurde regional und saisonal gekauft, Bio-Lieferanten und Hofläden erlebten einen enormen Zulauf und es erfolgte ein Run auf Kleingärten und Mietfelder. Ob das Karl-Heinz Ursprung, der einen Bio-Laden in Höchberg betreibt, auch so erlebt hat, wollten wir von dem Bio-Pionier wissen? „Ja, die Kundenfrequenz und die Bonhöhe sind auch bei uns gestiegen. Manche Produkte waren auch nicht mehr lieferbar.“ Jetzt sei man fast wieder auf Normalniveau bei leicht erhöhten Umsätzen, so Ursprungs Fazit.

„Als Optimist denke ich, dass sich durch die Krise im Bewusstsein der Menschen etwas verändert hat.“
Foto: Karl-Heinz Ursprung ©N. Oppelt

Für den Bio-Fachmann gibt es dafür eine einfache Erklärung. Eine solche Ausnahmesituation scheuche Menschen auf. „Erfahrungsgemäß ebbt der Hype aber auch wieder ab“, so Ursprung. Nur wenige blieben nach einigen Wochen noch dabei und hätten „ihre Lektion“ gelernt. Denn: „Qualität, Regionalität und Fairness haben ihren Preis.“ An diesem als auch an den Kapazitäten sei kurzfristig nicht zu „drehen“, erklärt Ursprung. „Für die Bauern ist es meist ein zu großes Risiko, etwa im Angesicht eines Fleischskandals, die Rinder- oder Hühnerzahlen zu erhöhen, weil das längeren Vorlauf braucht.“

Auch für den Händler sei das Risiko groß, erhöhten Bestand vorzuhalten, um dann darauf sitzen zu bleiben. Hat sich im Bewusstsein der Menschen dennoch etwas verändert? „Als Optimist denke ich schon, dass die Werte Mitmenschlichkeit und angemessene Bezahlung in den Vordergrund gerückt sind. Ob die Menschen das aber auch umsetzen und zum teureren Bio-Produkt aus bäuerlicher Landwirtschaft mit fairer Bezahlung greifen, ist eine spannende Frage.“ Denken und Handeln – da gebe es fast immer eine Diskrepanz. „Fakt ist, dass die ‚Geiz-ist-geil-Mentalität‘ zu den sogenannten Lebensmittelriesen geführt hat, die knallhart Preise auf dem Weltmarkt vergleichen, ohne auf Herkunft, Art der Betriebe, faire Bezahlung oder Naturzerstörung zu achten.“

Daran könnten auch Skandale wie im Tönnies-Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück wenig ändern. „Solange die Regierung meint, für den Verbraucher sei es wichtig, möglichst billig Lebensmittel zu konsumieren, zerstört sie Kleinbetriebe und damit regionale Strukturen, indem sie Großbetriebe subventioniert und auf kommunaler Ebene die Ansiedlung dieser auf der grünen Wiese ermöglicht“, so Ursprung.

Und wie sieht das die Politik? Die lobt: „Wir haben einen Selbstversorgungsgrad von über 100 Prozent zum Beispiel bei Kartoffeln, bei Käse, bei Frischmilchprodukten, Getreide oder Schweinefleisch“, so Bundesagrarministerin Julia Klöckner. Nicht so beim Obst. Dem Statistikportal Statista¹ zufolge lag im Berichtsjahr 2018/19 „der Selbstversorgungsgrad bei Obst in Deutschland bei 22 Prozent“. Auch hierfür gibt es laut Ursprung einen plausiblen Grund: „Weil der Konsumentenwunsch im Winter größer ist als das, was bei uns saisonal zur Verfügung steht.“ Zu ändern sei das kaum, wie er meint. „Was hier nicht wächst, können wir nur durch künstliche Beleuchtung und mit hohem Energieaufwand für Wärme erzeugen. Das ist unökologisch.“

Quelle:
¹https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76635/umfrage/selbstversorgungsgrad-bei-obst-in-deutschland/

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