Mutter für sechs Wochen

Worauf kommt es bei Bereitschaftspflege an?

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Geht es Kindern in ihrer Familie nicht gut, springt die Kinder- und Jugendhilfe ein: Sie hat eine breite Palette an Angeboten, um Familien zu unterstützen und das Kindeswohl zu sichern. Eine Möglichkeit nennt sich „Bereitschaftspflege“. Bei dieser Maßnahme werden Kinder aus ihrer Familie herausgenommen und in der Regel für sechs Wochen in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht. Anja B.¹ aus der Region Würzburg ist seit fast 15 Jahren Bereitschaftspflegemutter.

Zunächst wird stets geschaut, inwieweit sich die Situation eines Kindes innerhalb seiner Familie verbessern lässt. Oft ist dies nicht möglich. Kinder, die in eine Bereitschaftspflegefamilie kommen, kennen Schläge. Andere wurden immer wieder verbal gedemütigt. Einige sogar sexuell missbraucht. „Im Detail weiß ich nicht, was die Kinder mitgemacht haben“, sagt Anja B. Das ist für sie auch nicht relevant. Ihr Bestreben geht dahin, den Kindern für mindestens sechs Wochen eine gute Zeit zu bereiten.

Erzieherin Anja B. mit ihrem Pflegekind Tom. Sie ist seit 15 Jahren Bereitschaftspflegemutter.
Foto: Anja B. ©Pat Christ

Das ist erst kürzlich wieder passiert. Und zwar mehrfach: „Wir erhielten drei Kinder aus einer Familie im Alter von eineinhalb, drei und vier Jahren.“ Gebracht wurden sie von zwei Mitarbeiterinnen der Evangelischen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (EKJFH) in Würzburg, für die Anja B. tätig ist. Die EKJFH könne aktuell auf elf Bereitschaftspflegefamilien in Unterfranken zurückgreifen, informiert Jürgen Keller, stellvertretender Einrichtungsleiter. Der Bedarf nach Bereitschaftspflege steige nach seiner Aussage „massiv“. Weshalb die EKJFH dankbar für jede Familie ist, die sich kurzfristig um Kinder kümmern kann, die in Obhut genommen werden müssen.

Bereitschaftspflege könne eine haarige Angelegenheit sein, räumt Anja B. ein: „Neulich hatte ich einen Jungen, da war ich auch froh, als er wieder ging.“ Derart herausfordernd sei sein Verhalten gewesen. Doch die meisten Bereitschaftspflegen verlaufen laut der Erzieherin überaus positiv. So hatte sie viel Spaß mit den drei Kleinen, die zuletzt bei ihr waren. Die B.s leben ländlich. Die Familie wohnt auf einer Hofstelle, in direkter Nachbarschaft befindet sich ein Bauernhof. „Den Kindern habe ich erklärt, dass sie bei mir Urlaub auf dem Bauernhof machen dürfen, während ihre Mama ihren Urlaub woanders ver- bringt.“ Das fanden die drei klasse. Jeder Fall von Bereitschaftspflege ist anders, mehrmals im Jahr stellt sich Anja B. auf neue Kinder ein.

Unterstützt wird sie vom Team um Margit Dittrich, die als Pädagogische Leiterin für die Erziehungsstellen der EKJFH zuständig ist. Mindestens einmal in der Woche kommt eine Sozialpädagogin bei den Bereitschaftspflegefamilien vorbei. Liebe zu Kindern sei laut Anja B. das oberste Gebot, will man Bereitschaftspflegemutter werden. Sie selbst liebe Kinder über alles. Deshalb hat sie zwei eigene, inzwischen erwachsene Töchter. Außerdem ist da noch ihr achtjähriges Pflegekind Tom.² Der lebt seit drei Jahren bei den B.s. Und gehört nun schon „fest“ zur Familie.

¹Name von der Redaktion geändert
²Name von der Redaktion geändert

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