„In letzter Zeit ist in den Seelsorgegesprächen, die ich führe, ein Thema aufgetaucht, das mich hellhörig gemacht hat“, erzählt der wohl bekannteste Mönch Deutschlands, Pater Anselm Grün. Immer öfter würden ihm Menschen berichten, dass sie sich leer fühlten. Sie erschrecken. Denn eigentlich haben sie doch alles im Griff. Sie funktionieren. Leere macht Angst. Bei manchen führt das dazu, dass „sie sich selbst in ihrem Leben keine Chance geben, dass einmal Leerlauf entsteht“. Anselm Grün hält dagegen: „Offensichtlich kann man Leerzeiten nur dann genießen, wenn man bereit ist, sich dieser inneren Leere zu stellen.“ In seinem aktuellen Buch „Von der Kunst, Leere in Fülle zu verwandeln“ schreibt der Geistliche genau darüber. Er verweist unter anderem auf die Leerzeiten, die die frühen Griechen und Römer „Muße“ nannten. Er sagt: „In der Muße bin ich in Beziehung zu mir selbst, zu Gott und zum Geheimnis der Welt und der Menschen.“ Hier lerne man. Leere verwandelt sich in Fülle. Gestalten könne man diese Zeiten zum Beispiel mit kleinen Ritualen. Er betont aber auch: „Mit Leerzeiten sind (…) nicht nur die kleinen Pausen im Alltag gemeint, es können auch ganze Tage sein (…).“ Oder dem Ansatz der Philosophin Simone Weil folgend: Die Annahme der Leere bedeutet den Verzicht, „sich ständig darstellen, beweisen, rechtfertigen zu müssen sowie etwas besitzen zu wollen, Materielles wie Geistiges.“
Anselm Grün, Von der Kunst, Leere in Fülle zu verwandeln, Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2024 , ISBN: 978-3-7365-0550-6, Preis: 18,00 Euro, www.vier-tuerme-verlag.de