Kleiner Nager, große Gefahr

2017 stiegen Infektionen mit dem Hantavirus rapide an. Prof. Dr. Wolfgang Scheppach über die Gefahren bei einer Erkrankung.

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Prof. Wolfgang Scheppach weiß um die Gefahren einer Infektion mit Hanta-Viren. Foto: Martina Schneider

Plötzlich hatte ich starke Kopf- und Gliederschmerzen. Na prima, dachte ich, hast Dir eine Sommergrippe eingefangen. Doch die vermeintliche Sommergrippe entwickelte sich Stück für Stück zu einem „Horrortrip“. Das Fieber stieg und stieg, Schmerzen breiteten sich im ganzen Körper aus. Ich konnte nicht einmal mehr den Arm heben ohne „Aua“ zu schreien.

Hanta, heißt das Virus, das sich anschleicht wie eine Grippe. Mich hat Hanta im Sommer 2017 buchstäblich „aus den Latschen gekippt“ und mir meine Grenzen aufgezeigt – vor allem als ich damit im Krankenhaus landete. Wo ich mir das Hantavirus eingefangen hatte? Keine Ahnung! Vielleicht beim Spazierengehen mit dem Hund im Wald, beim Kehren der Terrasse? Ein bisschen aufgewirbelter Staub, kontaminiert mit Mäuse-Pipi, das eingeatmet und schon ist man dabei.

Laut DAK haben sich 2017 über 300 Personen mit dem Hantavirus infiziert (2016 waren es 28). Deutschlandweit wurden den Gesundheitsämtern insgesamt für das Jahr 2017 über 2.500 Hanta-Infektionen gemeldet. „Hantaviren werden von Nagetieren übertragen“, erklärt Professor Wolfgang Scheppach, Chefarzt der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie und Rheumatologie des Klinikums Würzburg Mitte, Standort Juliusspital.

„Bei uns in Deutschland ist es die Rötelmaus, die dieses Virus in ihren Ausscheidungen überträgt. Der Mensch infiziert sich, wenn kontaminierter Staub aufgewirbelt wird, und er dadurch die Erreger einatmet.“ Typischerweise kann das passieren, wenn man etwa den Keller aufräumt, in dem es sich auch Mäuse bequem gemacht haben, oder bei der Gartenarbeit auf Mäusenester trifft. Auch beim Spaziergehen in Wald und Flur kann man sich das Virus einfangen.

„Die Viren sind in der Umwelt relativ stabil. Daher ist zur Ansteckung kein direkter Kontakt mit den Nagern notwendig“, sagt der Chefarzt. Das Virus braucht etwa vier Tage bis vier Wochen, bis es ausbricht. „Die Krankheit beginnt mit hohem Fieber, Schüttelfrost, heftigen Kopf- und Gliederschmerzen“, erklärt Professor Scheppach.

„Dazu kommen heftige Flanken- und Bauchschmerzen und die Niere arbeitet nicht mehr richtig, da sie durch das Virus angeschlagen ist. Daher kann es zu Störung der Nierenfunktion bis zum akuten Nierenversagen kommen.“ Behandelt werde die Krankheit symptomatisch, erklärt der Mediziner. Das heißt, der Patient bekommt schmerzstillende und fiebersenkende Mittel und muss viel trinken, um die Nieren zu spülen. In seltenen Fällen kann eine Dialysebehandlung notwendig sein.

„Von der Hantavirusinfektion erholt man sich in der Regel vollständig“, sagt Professor Scheppach. Gegen das Virus schützen kann man sich hingegen leider nicht, solange es die Rötelmaus als Träger des Virus gibt. Bei mir hat es einige Monate gedauert, bis ich wieder komplett hergestellt war. Anfangs überfielen mich noch migräneartige Kopfschmerzen. Auch das ist normal, sagt die Fachliteratur.

Heute, ein dreiviertel Jahr später, geht es mir wieder richtig gut und darüber bin ich sehr froh. Und ich gehe auch weiterhin mit meinem Hund im Wald spazieren!

Hantavirus-Alarm
Hanta ist weltweit verbreitet. Der Name leitet sich vom koreanischen Grenzfluss Hantaan ab. Während des Koreakrieges Anfang der 1950er-Jahre erkrankten mehr als 3.000 Soldaten an einem schwer verlaufenden hämorrhagischen Fieber. Das Virus wurde erstmals 1977 isoliert. In Europa kommen das Dobrava-Belgrad-Virus und das Puumala-Virus als Varianten vor. Diese verursachen leichte bis mittelschwere Verläufe. Mit Hanta kann man sich das ganze Jahr über anstecken. Besonders hoch ist die Infektionsgefahr jedoch von Mai bis September, also im Frühjahr und Sommer.

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