Großes Glück: Ein ganz normales Leben!

Juliusspital Epilepsieberatung Unterfranken unterstützt Betroffene

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Der chronischen Erkrankung Epilepsie liegt eine unnormale nervliche Erregungsbildung im Gehirn zugrunde. Diese löst die sogenannten epileptischen Anfälle aus: Mögliche Ausprägungsformen sind Krämpfe, Dämmerzustände oder unwillkürlich ablaufende Bewegungen. Die Mitarbeiter der Juliusspital Epilepsieberatung Unterfranken bieten Außensprechtage in Aschaffenburg, Schweinfurt, Hofheim, Bad Neustadt/Saale, Kitzingen und Lohr an. Sie beraten und begleiten Menschen mit Epilepsie jeden Alters und deren Angehörige sowie Fachleute, die mit Betroffenen arbeiten. Anmeldung unter Telefon 0931.393-1580. Im Bild: Simone Fuchs, Sozial­pädagogin der Epilepsieberatung Unterfranken. Foto: Stiftung Juliusspital

Sabine Seipel ist Epileptikerin. Dass sie heute ein „ganz normales Leben“ führen kann, bezeichnet sie als großes Glück. Von Kindesbeinen an nimmt die heute 51-Jährige Medikamente.

„Knapp ein Prozent der Weltbevölkerung leidet an Epilepsie“, erklärt Simone Fuchs, Sozialpädagogin der Epilepsieberatung Unterfranken der Stiftung Juliusspital Würzburg. Von Epilepsie (Krampfleiden, Fallsucht) spricht man, wenn jemand mindestens einen unprovozierten Anfall erlebt hat.

In Unterfranken mit 1,3 Millionen Einwohnern sind rund 13.500 Menschen betroffen. Man unterscheide zwischen symptomatischen Anfällen mit nachweisbar organischer Ursache wie Hirnblutung, Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma und Anfällen ohne erkennbaren Auslöser (unprovozierte Anfälle), sagt Fuchs. Auslöser für Anfälle sind verschieden. Bei Sabine Seipel waren es die Sinne.

„Einmal, als ich den Deckel vom Topf hochhob, in dem Blumenkohl kochte, löste der Geruch, obwohl ich Blumenkohl gerne esse, damals einen Anfall aus“, berichtet sie. Ihre Anfälle begannen stets mit dem Gefühl, dass „ganze Horden von Ameisen“ über Arme und Beine krabbeln würden.

„Ich habe mich bei jedem Anfall auf die Mundschleimhaut gebissen, was für mich schlimmer war als der Anfall selbst.“ 1993 hatte sie ihren letzten epileptischen Anfall. Zu den Risikofaktoren, die einen Anfall auslösen können, gehören unter anderem Schlafentzug, ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Fieber, Infekte, oder wenn Medikamente vergessen wurden. Beim Alkohol steige das Anfallsrisiko nicht während des Trinkens, sondern beim Kater danach.

„Es gibt viele individuelle Faktoren, daher ist es wichtig, dass der Patient seine Auslöser kennt“, erklärt Fuchs.

Die Sozialpädagogin, die seit 2001 in der Epilepsieberatung Unterfranken der Stiftung Juliusspital Würzburg Betroffene berät und begleitet, weiß, dass für Erwachsene vor allem das Fahrverbot problematisch ist. „Gerade in ländlichen Regionen ist es schwierig, wenn Betroffene nicht zur Arbeit kommen oder ein bis zwei Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müssen.“ Für den Führerschein müsse jedoch ein Jahr Anfallsfreiheit nachgewiesen werden.

„Bei chronischer Epilepsie erreicht das fast keiner,“ sagt Simone Fuchs. Wer Anfälle habe, dürfe weder als Gerüstbauer noch als Dachdecker arbeiten. Für Berufe mit Aufsichtspflicht wie Erzieher oder Altenpfleger brauche es eine individuelle Gefährdungsbeurteilung. Für Berufskraftfahrer, besonders Taxifahrer oder Busfahrer, die Personen transportieren, gelte, dass sie fünf Jahre ohne Medikamente anfallsfrei waren, erklärt die Fachfrau.

Bekommt man als Außenstehender einen Anfall mit, heißt es „Ruhe bewahren“.

„Ein Anfall sieht mitunter schlimm aus, ist aber nicht lebensbedrohlich“, beruhigt Fuchs. Wichtig sei es, den Betroffenen auf den Boden und ihm etwas Weiches unter den Kopf zu legen, die Kleidung zu lockern und ihn möglichst in die stabile Seitenlage zu bringen, so dass der Speichel ablaufen könne. Oder ihn zumindest so zu lagern, dass er sich nicht verletzten könne.

90 Prozent der Anfälle hörten nach drei bis fünf Minuten auf. Sabine Seipel hat sich nicht von der Epilepsie unterkriegen lassen. Sie ist verheiratet, Mutter zweier erwachsener Kinder, steht im Beruf und leitet seit 2008 die Selbsthilfegruppe für erwachsene Betroffene und deren Angehörige in Aschaffenburg – und ihren Führerschein hat sie auch.

Ihr Lebensmotto: „Ich wollte meine Krankheit im Griff haben und mir nicht von ihr mein Leben bestimmen lassen.“

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