Geduld, Geduld, Geduld …

PD Dr. Kilian List, Schulter- und Ellbogenexperte und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, über den Tennisarm

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©König-Ludwig-Haus Würzburg

Plötzlich ist da ein Druckschmerz an der Außenseite des Ellenbogens. Er strahlt bis in die Hand, den Ober- und den Unterarm aus. Beuge- und Drehbewegungen werden von einem unangenehmen Ziehen begleitet. Die Hand wird kraftlos, das Greifen von Gegenständen zur Herausforderung. Herzlichen Glückwunsch, Sie haben einen Tennisarm. „Das ist die landläufige Bezeichnung für eine schmerzhafte Sehnenansatzentzündung am äußeren Ellbogen“, erklärt PD Dr. Kilian List, Oberarzt und Leiter der Schulter- und Ellenbogenchirurgie an der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg. Die Ursachen seien vielfältig, so List. Meistens läge der Erkrankung eine Überbeanspruchung der Strecksehnen am Ellbogengelenk zugrunde. Häufig trete das bei Bewegungen auf, die mit einer wiederholten Beanspruchung der Hand- und Handgelenksmuskulatur einhergehen – eben jene Bewegungen, wie sie viele Menschen in ihrem Berufsalltag durchführen. Dies betreffe häufig Berufe im Handwerk, aber auch das Schreiben an der Tastatur stellt eine Risikotätigkeit dar. Seltener seien vorangegangene Verletzungen, die zu einer Ellbogeninstabilität geführt hätten, oder Mikroverletzungen der Sehnen durch bestimmte Sportarten. Am häufigsten trete die Erkrankung bei Erwachsenen im mittleren Alter auf. Risikofaktoren seien unter anderem ein Ungleichgewicht der Unterarm-Muskulatur, die zu Fehlbelastungen führe, aber auch Stress und Verkrampfungen. Früher, so Dr. List, sei man von einer bloßen Sehnenentzündung ausgegangen. Heute weiß man, dass es sich allenfalls im Initialstadium um eine echte Entzündung handelt. Im weiteren Verlauf sei es viel mehr eine Veränderung des Sehnengewebes und der Sehnenstrukturen. „Das ist ein Prozess, der langsam voranschreitet, aber auch sehr langsam wieder heilt.“ Geduld sei gefragt, wird der Arzt nicht müde zu betonen. Aber man müsse die Hände nicht nur in den Schoß legen, man könne auch etwas tun. „Am Anfang ist es sinnvoll, die Belastung zu reduzieren“, rät der Mediziner. Hilfreich könnten auch Bandagen, Kühlung oder Hausmittel wie Quarkwickel sein. Ein Schmerzgel oder rezeptfreie, entzündungshemmende Schmerzmittel seien legitim, in schweren Fällen kann auch der Einsatz von Kortison durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt indiziert sein. Dies müsse aber wohl abgewogen werden, da Kortison das Sehnengewebe weiter schädigen kann. „Sobald eine Umwandlung des Sehnengewebes stattfindet, sind antientzündliche Medikamente nicht mehr hilfreich, weil sie die Umbauvorgänge blockieren, die zu einer Reparation des Gewebes führen“, so der Arzt. „In dieser Phase muss der Körper die Sehne selbst wieder neu herstellen.“ Geschieht das nicht, könne das im schlimmsten Fall bis zum Auflösen der Sehne führen. Sein Appell: Nicht zu lange mit dem Gang zum Arzt warten! „Das heißt, wenn die Schmerzen länger als ein bis zwei Wochen anhalten und zudem Unsicherheit über die Diagnose besteht.“ Je früher die richtige Therapie eingeleitet werde, desto größer die Chancen, dass es sich nicht chronifiziert. Auf jeden Fall angeraten seien aber sanfte Dehnungs- und Kräftigungsübungen, das sogenannte exzentrische Training für die Unterarmmuskulatur. Diese Übungen werden mit der Physiotherapeutin oder dem Physiotherapeuten erlernt und können dann zuhause fortgeführt werden. Die weiteren Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von Injektionstherapien mit plättchenreichem Plasma (PRP) über Stoßwellentherapie bis hin zu Akupunktur. Operiert würde nur, wenn konservative Therapien über einen Zeitraum von einem halben Jahr keinen Erfolg bringen, auch, weil die Operationen in diesen Fällen nicht immer erfolgreich ist. Doch es gibt „Trost“: „In vielen Fällen ist ein Tennisarm selbstlimitierend und kann sich mit der Zeit auch ohne umfangreiche Behandlung verbessern“, sagt List. „Die meisten Erkrankten erleben innerhalb von sechs Monaten bis zu einem Jahr eine erhebliche Verbesserung der Symptome.“ Und natürlich gilt, wenn möglich, Trigger künftig zu vermeiden. 

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