Gärtnern gegen die Polykrise?

Die Uni Würzburg stößt am 1. April „Planting Future“ an

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Welchen Herausforderungen sieht sich die gärtnernde Bevölkerung gegenüber? Wie geht sie mit diesen um? Und was können wir als Gesellschaft von den Prozessen im und um den Lebensraum Garten lernen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich eine neue Gruppe an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU): „Planting Future: Multispicies Gardening in the Anthropocene“ (kurz: „Multispecies Gardening“). Geleitet wird sie von Professorin Michaela Fenske. Die Lehrstuhlinhaberin für Europäische Ethnologie/Empirische Kulturwissenschaft hat sich für das Vorhaben außerdem die praktische Expertise der Bayerischen Gartenakademie gesichert. „Multispecies Gardening“ befasst sich mit einem Bereich, der einerseits selbst ständigen Veränderungen ausgesetzt ist, andererseits aber auch als Mikrokosmos stellvertretend für Wandel und Anpassungsfähigkeit in der Gesellschaft verstanden werden kann: den privaten Gärten. „Beim Gärtnern gestalten wir Menschen einen Lebensraum, den wir uns mit vielen anderen Organismen teilen“, erklärt Michaela Fenske, „gleichzeitig sind Gärten verschiedenen transformativen Prozessen ausgesetzt: Klimawandel, Artensterben oder invasiven Arten.“ Die Leiterin der Bayerischen Gartenakademie, Claudia Schönmüller, weiß: „Gärtnernde Menschen sind grundsätzlich lösungsorientiert. Wir helfen ihnen dabei, sich mit Veränderungen zu arrangieren. Kommen bestimmte Pflanzenarten etwa mit den regionalen klimatischen Bedingungen nicht mehr klar, beraten wir zu resilienteren Varianten oder alternativen Arten.“ Um herauszufinden, wie Menschen den Wandel in ihren Gärten wahrnehmen, wie sie mit ihm umgehen und was sie brauchen, um ihn zu meistern, will die Forschungsgruppe in engen Kontakt mit der Bevölkerung treten. Bei Gärtnerinnen und Gärtnern sieht die Professorin grundsätzlich viel Verständnis für speziesübergreifendes Zusammenleben und den Einfluss des Menschen auf seine Umwelt. Nicht nur Gärten, auch unsere Gesellschaft als Ganzes haben mit diversen Herausforderungen zu kämpfen: Klimawandel, wirtschaftliche Turbulenzen oder soziale und politische Spannungen. Der französische Philosoph Edgar Morin kreierte dafür Anfang der 1990er den Begriff Polykrise: ein Zusammenspiel aus mehreren Krisen, die nicht nur nebeneinander existieren, sondern überlappen und sich gegenseitig verstärken. Die Forschungsgruppe interessiert deshalb, wie sich im Kleinen wahrgenommene Transformation und gelebte Anpassung auch auf weitere Bereiche des Lebens übertragen lassen. „Die ökologischen Herausforderungen im Garten verlangen nach neuen Praktiken, Pflanzen und Früchten ebenso wie nach neuen Einstellungen, Ethiken und Ästhetiken,“ so Fenske und Schönmüller. „Multispecies Gardening“ wird nicht nur wissenschaftliche Studien hervorbringen. Geplant sind verschiedene Formate von der Ausstellung über Bücher bis hin zu Filmen. Offizieller Startschuss ist der 1. April 2025.

Zunächst soll sich die Forschungsgruppe auf Unterfranken konzentrieren, deutschlandweite Projekte werden folgen, www.phil.uni-wuerzburg.de/eevk/forschung-projekte/multispecies-gardening

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