
©Jonas Hahn/Momentschmiede
Aktuell gilt die Genschere CRISPR als ein Quantensprung in der Medizin. Neue Hoffnung wird zum Beispiel auch auf innovative, mit Sensoren bestückte chirurgische Instrumente gesetzt. Dass es Apparatemedizin und medizinische Innovationen gibt, ist überlebenswichtig. Doch das Basale in der Heilkunde dürfe darüber nicht vergessen werden, appelliert Dr. Michaela Maria Arnold. Basal in der Heilkunde ist für die Würzburger Masseurin und promovierte Medizinerin Berührung. Ärztinnen und Ärzte sollten für Essenzielles in der Heilkunde, nämlich das Gespräch oder die Berührung, besser entlohnt werden. Dafür setzt sich Arnold seit 2022 in der von ihr mitgegründeten Deutschen Gesellschaft für Berührungsmedizin mit Sitz in Würzburg ein. Durch ihren Beruf als staatlich anerkannte Masseurin habe sie immer wieder erlebt, wie wohltuend und heilsam Berührung sei. „Damals war ich nah am Patienten“, sagt sie. Das änderte sich nach ihrem Medizinstudium: „Ich habe mich im Beruf der Ärztin als viel distanzierter erlebt.“ Angehende Ärztinnen und Ärzte lernen während des Studiums, sich „vorsichtig“ zu verhalten: Um sich bei infektiösen Krankheiten zum Beispiel nicht anzustecken, streifen sie Masken über oder legen Handschuhe an. Berührt wird in der Arztpraxis selten. „Das empfand ich als Einschnitt“, erzählt die heutige Ärztin für Berührungsmedizin. Der empfundene Mangel brachte sie auf die Idee, ihre Doktorarbeit über die positiven Auswirkungen der Affektregulierenden Massagetherapie zu schreiben. Die Dissertation dokumentiert Daten von 60 ambulant behandelten Patientinnen und Patienten. Die randomisierte, kontrollierte Studie konnte eine antidepressive, angstreduzierende und schmerzlindernde Wirkung der Affektregulierenden Massagetherapie zeigen. Rund 50 Mitglieder hat die neue Würzburger Fachgesellschaft inzwischen. Die einen, erzählt Dr. Arnold, engagierten sich therapeutisch für Berührungsmedizin. Die anderen täten dies wissenschaftlich, indem sie Studien begleiten. „Patientinnen und Patienten leiden vor allem dann besonders, wenn nicht richtig klar ist, was sie haben, etwa in der Schmerzmedizin, wenn Schmerzen dauerhaft auftreten, deren Ursache nicht herausgefunden werden kann“, so Arnold. Auch und gerade hier könne Berührungsmedizin helfen. Ebenso würden sich Ängste oder depressive Symptomatik durch Berührung reduzieren lassen. Vor allem in der Corona-Zeit gingen die Menschen auf Abstand – zum Teil bis heute. So wird der Alltag immer berührungsloser. Darunter leiden viele Menschen, erlebt Dr. Arnold in ihrer täglichen Praxis: Das Manko derzeit sei, dass Berührungsmedizin aus eigener Tasche bezahlt werden muss. Eine Stunde bei Dr. Arnold kostet gut 100 Euro. Die Fachgesellschaft setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass die Kosten von der Kasse übernommen werden.