Die im Schlafe wandeln

Dr. Philipp Schendzielorz, Leiter des Schlaflabors der Uniklinik Würzburg, im Interview

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Foto: ©depositphotos.com/@ ersler

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„Klack!“ Das Geräusch der Tür, wie sie ins Schloss fiel, weckte den Mann unsanft auf. Da steht er wieder mal in T-Shirt und Unterhose da. Hat sich wieder ausgeschlossen.

Das ist ihm schon oft in seiner Wohnung in Würzburg passiert. Aber auch früher, bei der Bundeswehr. Oder in einem exklusiven Hotel in New York.

Fast immer war Vollmond. Meist hatte er ein oder zwei Glas Wein getrunken: „Und vor allen Dingen war ich immer sehr gestresst.“ Seinen Namen möchte der Mann nicht preisgeben.

„Klar, das ist für andere lustig, dass da einer schlafwandelt. Aber für den Betroffenen selbst ist das gar nicht witzig“, meint er.

Zum Glück gab es nun schon eine ganze Weile keine somnambulen (von lateinisch somnus: Schlaf und ambulare: wandern) Streiche mehr. Seit der Mann weiß, dass sein Schlafwandeln eng mit starkem
Stress zu tun hat, lässt er seinen Stresspegel nie mehr über einen gewissen Punkt hinauswachsen.

„Für Schlafwandeln gibt es wahrscheinlich eine genetische Komponente“, erläutert Dr. Philipp Schendzielorz, der das Schlaflabor in der HNO-Klinik der Universität leitet: „Das Risiko ist um das Zehnfache erhöht, sind die Eltern betroffen.“

Bei Erwachsenen können außerdem Alkohol, Medikamente oder unregelmäßige Bettzeiten Schlafwandeln mit verursachen. Wobei es nur selten vorkommt, dass erwachsene Menschen nachts schlafend umherstromern.

Schendzielorz: „Allerdings schlafwandeln 20 bis 30 Prozent aller Kinder einmal.“ Nicht selten gebe es hierfür konkrete Auslöser: „Das kann etwa die Einschulung sein.“

Unter den Erwachsenen sind allerhöchstens vier Prozent Schlafwandler, schätzt die Wissenschaft. Wobei Schlafwandeln nicht gleich Schlafwandeln ist.

Von Somnambulismus spricht man Schendzielorz zufolge schon, wenn sich die Betroffenen nachts im Bett aufsetzen und sich dabei in einem Zwischenzustand zwischen Wachen und Schlafen befinden.

Es kann aber auch zu größeren Aktivitäten kommen, die für den Somnambulen durchaus gefährlich werden können: „Zum Beispiel, wenn er sich in die Küche begibt, den Herd einschaltet oder beginnt, Brot zu schneiden.“

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