„Meine Kleidung wähle ich ein Stück weit nach Stimmung aus“, erzählt Barbara Weißweller. Blau trage die Bambergerin gerne an tristen Wintertagen. Pink komme im Sommer zum Einsatz. „Ich fühle mich darin schön. Die Farben schenken mir ein gewisses Selbstbewusstsein.“ Sandra Lemmich, Inhaberin der Modeboutique „Mainglück“ im Würzburg, denkt ähnlich. Kleidung solle ihren Kundinnen zu einem neuen Lebensgefühl verhelfen. Sie ermutigt, auch bei der Farbwahl die eigenen Komfortzonen zu verlassen und sich im neuen Outfit „einfach toll zu fühlen“. Rot sei gerade ein Riesenthema, erzählt sie. Im Rahmen ihres ganzheitlichen Konzepts, bei dem sie Menschen begleitet, ermutigt sie, Neues zu wagen und sich (auch in dieser Farbe) auszuprobieren. Das Ziel: Sich am Ende vielleicht ganz anders zu fühlen und zu sehen. „Viele strahlen und freuen sich, dass sie offen waren und die Vorschläge angenommen haben“, berichtet sie. Beide bezeichnen ihr Vorgehen zwar nicht als „Dopamine Dressing“, doch ihr Ansatz entspricht diesem Modetrend, der seit einigen Jahren von sich reden macht. „Damit entscheiden wir uns aktiv für Pieces, die uns Freude bringen, also das Glückshormon Dopamin ausschütten“, erklärt ein bekanntes Modemagazin1. Andere verweisen auf Studien von Harvard2 bis London, um die Sinnhaftigkeit des Kleidens in bunten Farben wissenschaftlich zu untermauern. Chefarzt Dr. Christoph Lehner, Leiter der Psychosomatischen Fachabteilung an der Steigerwaldklinik in Burgebrach, erklärt: „Dopamin ist ein überwiegend erregender Botenstoff (Neurotransmitter) des zentralen Nervensystems.“ Benötigt werde dieser für eine ganze Reihe von lebensnotwendigen Steuerungs- und Regelungsvorgängen, etwa Lust, Motivation oder Freude. Landläufig werde Dopamin als „Glückshormon“ bezeichnet. In der Medizin spiele dieser Aspekt aber keine Rolle. „Dopamin wird ausgeschüttet bei allem, was uns so guttut – unter anderem beim Sport, bei sozialer Interaktion oder, wenn man ein Ziel erreicht hat.“ Dr. Lehner zieht die Jahreszeiten heran, um zu erklären, wie Farben auf unser Gemüt wirken können. Im Herbst und Winter blühe alles ab, und draußen werde es trist und dunkler. „Es gibt Menschen, die darauf mit einem Stimmungstief reagieren (saisonale Depression)“, sagt er. Andersherum sei es im Frühling. Alles werde grüner, bunter, die Gerüche wieder intensiver. „Über das Gefühl, das in der Luft liegt, gibt es eine Querverbindung zu Glück, Freude oder Lust und Motivation.“ Es würden Reize gesetzt, auf die wir reagieren. Durch diese entwickle sich ein Gefühl. Von pauschalen Farb-Gefühls-Zuordnungen wie „Rot wühlt auf“ oder „Grün entspannt“, hält Dr. Lehner wenig. Das sei etwas sehr Individuelles, betont er stattdessen. Farben wecken unterschiedliche Assoziationen, was etwa in der Kunsttherapie zum Tragen komme. Zum Teil seien sie auch kulturell bedingt. Bunt, bunter, besser? Farben können Farbe ins Leben bringen, das kann jedoch individuell sehr unterschiedlich sein. Und so gilt auf ewig Goethes Bonmot: „Erlaubt ist, was gefällt“ und guttut! (Anmerkung der Redaktion).
Quelle: 1 https://www.glamour.de/mode/artikel/dopamine-dressing-modetrend-2021-ist-gesund, 2 https://news.harvard.edu/gazette/story/2023/01/why-you-wear-what-you-wear