Am Rad drehen

Ein Erfahrungsaustausch darüber, wie Fahrradfahren körperlich fit und gesund hält

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Im Jahr 1817 sah man den badischen Forstbeamten Karl Drais auf einem Gefährt namens Draisine durch die Straßen Mannheims rollen und wunderte sich über den Anblick. Etwas später, 1853, erweiterte Philipp Moritz Fischer aus Schweinfurt das Zweirad um eine Tretkurbel und brachte es damit seiner modernen Form näher. Heute ist das Fahrrad eines der beliebtesten Verkehrsmittel überhaupt und spielt in Zeiten wachsenden Klimabewusstseins eine immer größere Rolle auf der infrastrukturellen Weltbühne. Darüber freuen darf sich aber nicht nur die Umwelt, sondern auch der menschliche Körper.

Herbert Barthel ist Gymnasiallehrer für Sport und Englisch am Würzburger Riemenschneider-Gymnasium. Seitdem er an der Schule vor elf Jahren einen Stützpunkt für den Mountainbikesport initiiert hat, absolvieren die Schüler ihren Sportunterricht auch einmal in den umliegenden Wäldern. Barthel freut sich, seinen Schützlingen die eigene Leidenschaft näher bringen zu dürfen, immerhin fährt er selbst seit 30 Jahren Mountainbike. Viermal die Woche nimmt er sich Zeit für private Ausflüge, mal vor der Schule, in einer Freistunde oder nach dem Unterricht – mit ungebrochener Begeisterung: „Es ist ein riesiger Vorteil, dass man nicht auf ein Spielfeld beschränkt ist, sondern räumlich absolut frei. Und der Körper wird dabei schonend behandelt, da man beim Radeln weitestgehend ohne Stoßeffekte unterwegs ist. Wer mit einem ordentlichen Rad fährt, setzt den Gelenken wenig zu und kann seinen Sport insgesamt lange ausführen.“

Martin Guggenberger, Sport- und Trainingstherapeut am Würzburger Sportinstitut Predia, bestätigt das und fügt hinzu: „Verglichen etwa mit dem Joggen setzt das Radfahren die Gelenke in aller Regel keiner Überbelastung aus, weil moderat Gewicht verteilt wird. So kann jeder diese Art der Fortbewegung bis ins hohe Alter pflegen – natürlich in angemessenem Tempo.“ Hinzu komme, dass die Fahrt auf zwei Rädern – physikalisch bedingt – ein gesundes Gleichgewicht und Koordinationsgefühl fordere und ausbilde. Das habe positive Auswirkungen auch auf die Fortbewegung zu Fuß. Wie jede Ausdauersportart, so fährt Guggenberger fort, stärke die Zeit auf dem Rad das Herz-Kreislauf-System, senke Blutdruck und Blutzuckerspiegel. Die Durchblutung im ganzen Körper werde verbessert und der Stoffwechsel aktiviert. Bereits wer kleine Alltagsstrecken auf dem Fahrrad zurücklege, verschaffe seinem Körper so eine Auffrischung und verhindere, dass er über all der Schreibtischarbeit in den Standby-Modus wechselt.

Aus diesem Grund schwingt sich Stefan Kiehne mehrmals in der Woche nach Feierabend in den Sattel. Der Bauingenieur aus Würzburg ist Triathlet beim Würzburger SVW 05. Bei seinen Ausflügen treibt er Rad und Körper über das normale Belastungsmaß eines Stadtradlers hinaus. In den Wintermonaten hilft dabei eine Standrolle auf dem Wohnzimmerboden, in die das Rad eingehängt wird, um bei jeder Witterung unfallfrei ein paar Kilometer auf die Straße bringen zu können – zumindest virtuell. Über eine App mit anderen Fahrern weltweit verbunden, muss dabei nicht einmal der Wettbewerbsgedanke auf der Strecke bleiben. „Aber natürlich macht es in der Gruppe am meisten Spaß“, sagt Kiehne. „Die Zeit vergeht schneller und die Motivation ist größer. Ein paar Trainingseinheiten à 1,5 Stunden pro Woche reichen, damit ich mich fitter fühle, mehr Energie auf der Arbeit habe und besser schlafe. Natürlich immer in Verbindung mit entsprechender Ernährung.“

Ein entscheidender fahrpraktischer Ratschlag von Martin Guggenberger sei an den Schluss gestellt: „Wer moderate körperliche Belastung als Stressausgleich und Frischekur für den Körper sucht, ist gut damit beraten, sein Fortkommen über Frequenz und nicht über Kraft zu bewältigen. Sprich: Lieber leicht und mit hoher Trittgeschwindigkeit als mühevoll in einem hohen Gang fahren. Soll der Kalorienverbrauch erhöht und in den sportlichen Bereich gewechselt werden, darf auch ein höherer Kraftaufwand sein.”

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