Alle Hände voll zu tun …

Monika Bader über aktuelle Fragen der Pflege-Debatte in Deutschland

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„Ein Pflegeroboter mit humanen Zügen – das muss nicht sein“, eventuell in der nächsten Generation“, so Monika Bader. Sie denke eher an technische Geräte, die etwa mit Sprachsteuerung arbeiteten. Foto: ©depositphotos.com/ @victoreus

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht öffentlich über Neuerungen und Notwendigkeiten in der „Pflege“ diskutiert wird. Viel, für alle, die sich nicht eingehend mit der Materie beschäftigt haben. „Aufklärung über Pflegefragen ist ein Stiefkind. Hier ist noch Handlungsbedarf“, sagt auch Monika Bader, Leiterin einer Pflegeagentur mit Sitz in Rimpar, gerade mit Hinblick auf komplizierte Sachverhalte, die für den Laien oft schwer verständlich seien.

So wurden zum 1. Januar 2017 die bisher geltenden Pflegestufen 0, 1, 2 und 3 von fünf Pflegegraden 1, 2, 3, 4 und 5 abgelöst¹. Doch wie bewährt sich das in der Praxis? „Aus Sicht der Patienten, die dadurch besser finanziell unterstützt werden, ist die neue Einteilung absolut positiv zu beurteilen“, sagt die Fachfrau.

Durch das neue System würden nun auch Demenzkranke mehr berücksichtigt. Das sei vorher nicht der Fall gewesen. Verbessert habe sich im Zuge dessen zudem der Fragenkatalog des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) für die Einstufung. Diese erfolge nun deutlich differenzierter und werde den Patienten damit gerechter.

Anlass zur Diskussion gibt der Umstand, dass der „größte Pflegedienst in Deutschland“, Angehörige sind: 70 Prozent² der Pflegebedürftigen werden von Familienmitgliedern gepflegt, der Rest von Sozialstationen und privaten Anbietern. Und alle haben alle Hände voll zu tun – doch die Gesellschaft wird immer älter, wer kann das noch auffangen?

Monika Bader sieht einen „Angriffspunkt“ beim Personal in den Einrichtungen. Der Personalschlüssel³ müsse sich verändern, damit am Ende mehr Pflegekräfte für die Patienten da seien. Auch die Bezahlung⁴ müsste sich deutlich verbessern. „Diese Leute arbeiten im Schichtdienst und körperlich hart. Oft sind sie aufgrund der Belastung nicht bis zum Rentenalter tätig“, so Monika Bader von den „Pflegehelden Würzburg“.

Benachteiligungen erführen die Fachkräfte außerdem genau deshalb auch durch die Versicherungen. „Hier müssten die Einrichtungen etwas zur besseren Absicherung anbieten und Anreize schaffen, damit sich junge Leute überhaupt noch für diesen Beruf entscheiden.“

Ähnliches gelte jedoch für pflegende Angehörige, die ebenfalls Benachteiligungen erfahren. Zwar gebe es das Pflegegeld⁵ (in Bayern auch einmal jährlich das Landespflegegeld⁶). Doch das reiche bei Weitem nicht aus. „Wer kann schon seinen Beruf aufgeben, um Vollzeit für seine Eltern da zu sein?“, fragt Bader zu Recht.

Ganz zu schweigen von der psychischen Belastung, gibt sie zu bedenken. Holten sie sich etwa Unterstützung durch eine sprachlich und Erste-Hilfe-geschulte Hilfskraft aus dem Ausland, die die Grundpflege und alle Haushaltstätigkeiten übernimmt, und koppelten dies mit einem deutschen Pflegedienst für die Behandlungspflege, müssten sie diese Hilfskraft ebenfalls komplett selbst tragen.

Die Pflegeagentur-Leiterin plädiert hier für eine Aufweichung der strikten Trennung von Pflegegeld und Pflegesachleistungen, um ein solches Unterfangen in den eigenen vier Wänden besser finanzierbar zu machen. Durch das Pflegestärkungsgesetz, das Anfang 2017 in Kraft getreten ist, sieht es zumindest bei der Rente⁷ etwas besser aus.

Denn: „Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen erwerben zukünftig in vielen Fällen höhere Rentenanwartschaften“, informiert die Deutsche Rentenversicherung. Handfeste Unterstützung für Pflegende kommt übrigens aus der Wissenschaft. So wird unter anderem am Universitäts-Klinikum in Halle⁸ dazu geforscht, wie Roboter Pflegekräfte unterstützen könnten.

„Ein sehr guter Ansatz“, findet auch Monika Bader. Sie seien zuverlässig und belastbar. Senioren seien zudem sehr viel offener für technische Hilfen, als man denke. So manches „intelligente“ Gerät könnte dazu beitragen, die Eigenständigkeit von Senioren länger zu erhalten.

„Das Heranführen mit Geduld und Spaß ist entscheidend.“

Quellen:
¹https://www.pflegestaerkungsgesetz.de/finanzielle-leistungen/neue-pflegegrade-seit-2017/
²https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2013/01/PD13_024_224.html,
³https://www.pflege-shv.de/index.php?page=pflegeschluessel,
⁴https://www.lohnspiegel.de/html/pflegeberufe.php,
⁵https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegerecht/pflegeleistungen/pflegegeld/,
⁶http://www.landespflegegeld.bayern.de/,
⁷https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/04_Mitten_im_Leben/01_Rente_und_vorsorge/04_angehoerige_pflegen/angehoerige_pflegen_node.html,
⁸https://format.medizin.uni-halle.de/

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