Speise der Engel

Ballast abwerfen – Fasten: Das Wohlfühlprogramm für Körper, Geist und Seele

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Foto: depositphotos.com/©alenkasm

„Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente“, empfiehlt schon der griechische Arzt und Vater der Heilkunde Hippokrates von Kos (460 – 370 vor Christus). Für den heiligen Athanasius, geboren 296 in Alexandria, ist Fasten „Speise der Engel“, und Jesus empfiehlt in seiner Bergpredigt: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler.“

Fasten gibt es seit es Menschen gibt. Das Wort kommt aus dem Germanischen („fastan“), was so viel bedeutet wie beobachten, bewachen, (fest)halten. In beinahe allen Weltreligionen gibt es Zeiten des Fastens. In der Elias-Apokalypse des Alten Testaments wird Fasten als „von Gott geschaffen“ verherrlicht, im jüdischen Glauben ist der bekannteste Fastentag Jom Kippur, der Höhepunkt und Abschluss nach zehn Tagen der Reue und Umkehr. Die wichtigste Zeit des Fastens für einen Muslim sind die 29 bis 30 Tage des Ramadan, der neunte Monat im islamischen Mondjahr, an dem von Sonnenaufgang bis -untergang weder Essen, Trinken noch Rauchen oder sexuelle Handlungen erlaubt sind.

Die orthodoxen Kirchen fasten viermal im Jahr, für Mahatma Gandhi war Fasten Zeichen des gewaltfreien Widerstands, der Buddhismus verspricht Erleuchtung, und die Hindus üben während des Fastens, Wünsche und Gefühle zu beherrschen. Christen fasten die 40 Tage vor Ostern. Auch Menschen ohne religiösen Hintergrund wählen das Frühjahr zur Fastenkur, aber auch der Herbst bietet sich an.

In unserer Überflussgesellschaft ist die Idee von frommen Einkehrtagen und Enthaltsamkeit verblasst, oft ist Gewichtsreduktion das erklärte Ziel. Aber Fasten ist mehr. „Fasten bietet eine wunderbare Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen, zu entschleunigen, alte Gewohnheiten zu überdenken“, erklärt die gelernte Physiotherapeutin und Heilpraktikerin Dagmar Münch aus Würzburg. „Fasten bedeutet nicht Entbehrung, sondern findet nach einer bewussten Entscheidung statt.“ Wer fastet, nimmt so gut wie keine feste Nahrung zu sich, statt dessen trinkt er viel. „Fasten ist ein Bedürfnis des Körpers“, weiß Dagmar Münch, die beim sogenannten „Heilfasten“ ihre Begleitung anbietet.

Heilfasten zieht sich über mehrere Tage hin. Es beginnt mit einem Entlastungstag, an dem vorneweg Obst, Reis oder Ähnliches. auf dem Speiseplan stehen. Am ersten Fastentag ist ein Einlauf von Nutzen, der wiederholt werden soll, um die Verdauung anzuregen. Fünf Tage lang besteht die Nahrung dann aus Gemüsesuppen, Kräuter- oder Schwarztees mit einem Löffel Honig, um den Kreislauf zu stützen. Leberwickel (eine mit heißem Wasser gefüllte und mit einem Leintuch umwickelte Wärmflasche auf der Leber) bringen Wohlbefinden.

An den folgenden zwei Aufbautagen empfiehlt sich dann langsam wieder feste Nahrung in Form eines gut gekauten Apfels oder eines Gemüsesüppchens mit Substanz, beispielsweise Kartoffeln. Es versteht sich von selbst, dass nach den Fastentagen auch weiterhin auf eine bewusste und sinnvolle Ernährung geachtet werden sollte.

Birgitta Brunner aus Schweinfurt fastet seit 20 Jahren nach Anleitung von Hildegard von Bingen, die während der Fastentage zur Unterstützung des natürlichen Stoffwechsels und der natürlichen Regeneration des Organismus einen bewussten Verzicht auf belastende Nahrungsmittel empfiehlt. Die kaufmännische Angestellte freut sich alljährlich auf die Fastentage und hat ihre Begeisterung dafür schon auf etliche Freunde und Bekannte übertragen.

„In der Gruppe ist es leichter, im Austausch mit Gleichgesinnten sind Fastenkrisen leichter zu bewältigen“, berichtet sie von ihren Erfahrungen. Während der drei Einleitungstage zur Vorbereitung verzichtet sie auf tierisches Eiweiß, nimmt Gemüse und Vollkornprodukte zu sich. Nach zehn Tagen Heilfasten ist „das Immunsystem gestärkt und alles wie neu“.
Informationen und Hilfestellungen über Heilfasten und Hildegard von Bingen gibt es reichlich im Buchhandel.

Natürlich gelingt die Phase des Fastens leichter an freien Tagen als während der Arbeitsphasen. Doch auch ein Fastentag pro Woche kann schon sichtbare Effekte mit sich bringen. Er beginnt mit einer Bauch- und einer Trockenbürstenmassage, fördert dadurch das Ausscheiden giftiger Substanzen und bringt das Lymphsystem in Schwung. So können Abfallprodukte des Stoffwechsels, defekte Zellen und krankhaftes Gewebe regenerieren, Herz und Kreislauf werden entlastet. Giftige Schlacken aus der Umwelt und der täglichen Nahrung setzen sich nicht nur im Blutkreislauf, sondern oft auch in Gelenken fest. Wer während des Fastentags reichlich trinkt und auch über den Darm entgiftet, sorgt dafür, dass sich Ablagerungen lösen, Knorpel entlastet und Gelenke gereinigt werden.

Eine andere Fastenmöglichkeit ist das intermittierende Fasten, bei dem man nur zwei Mahlzeiten am Tag zu sich nimmt. Die erste sollte frühestens um 11 Uhr, die zweite gegen 17 Uhr stattfinden. Dadurch entsteht über Nacht eine Fastenperiode von 18 Stunden, in der sich überflüssiges Fett in Energie umwandeln kann. In der Folge bleib der gesamte Organismus sauber, stark und gesund. Auch dieser Fastentag beginnt mit einer Bauch- und Trockenbürstenmassage, anschließend gibt es ein Glas lauwarmes Wasser mit einem Schuss Zitronensaft.

Kurzzeitige Fasten könne den Blutdruck, den Blutzucker- und Insulinspiegel verbessern, die Gehirnfunktionen stärken und Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen.

Auf keinen Fall sollte man am Tag vor dem Fastentag „voressen“, sondern sich mit leichter Kost (Obst, Gemüse, Salate, Vollkorntoast, Pellkartoffeln) begnügen. Zwischen 19 und 20 Uhr ist noch ein Proteinshake oder eine Mandelmilch erlaubt.

Egal, welche Fastenkur gewählt wird: Bewegung und frische Luft gehören zum Wohlfühlprogramm und sorgen für gute Laune und Zuversicht.

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