Der richtige Riecher

Werkstatt für die Sinne: Im Sensorik-Zentrum in Veitshöchheim werden Nasen bewusst auf die falsche Fährte geführt

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Täuschung par excellence: Gummibärchen. Auch Rote sind nicht süßer als ihre Pendants in Grün, Gelb oder Weiß. Foto: Bayerische Landesanstalt für Wein-
und Gartenbau (LWG)

Im neuen Sensorik-Zentrum der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) herrscht Labor-Atmosphäre. Kein unnötiger Reiz soll vom Versuchsobjekt ablenken.

Seit Mitte September 2017 werden im 600.000 Euro teuren Bau die Sinne auf die Schulbank geschickt. Das Ziel: Es soll der „richtige Riecher“ entwickelt werden, an welchen sensorischen Stellschrauben gedreht werden muss, um Produkten einen einzigartigen wiedererkennbaren Geschmack zu verleihen. Um dieses Knowhow zu erlangen, stehen in Veitshöchheim 24 Einzelprüfplätze zur Verfügung. Luftfeuchtigkeit und Raumluft sind regulierbar.

Individuelle Lichtstimmungen, ob Tageslicht, rot, grün oder blau, können simuliert werden, um das Urteilsvermögen zusätzlich auf die Probe zu stellen. Abgerundet wird der Hightech-Raum durch eine Software für Erfassung und Auswertung der Ergebnisse.

Wer nun glaubt, so viel Aufwand brauche es nicht, der irrt. „Im Sensorik-Zentrum findet die wissenschaftliche Bewertung und Beurteilung produktspezifischer Eigenschaften von Lebensmitteln statt. Aussehen, Geruch, Geschmack, Textur oder Haptik werden erfasst. Sensorik muss man lernen“, ist Dr. Michael Zänglein, Sachgebietsleiter Oenologie und Kellertechnik, überzeugt.

Wie schnell sich das eigene Gespür überlisten lässt, belegte er im Rahmen der Eröffnung anhand einer kleinen sensorischen Prüfung. Die Aufgabe wirkte simpel: Drei Gläser, jeweils gefüllt mit Weißwein, Rotling sowie Orange Wine, sollten in eine bestimmte Reihenfolge gebracht werden. Der Wechsel der Raumbeleuchtung ins Rote erschwerte das Ganze jedoch. Alle Gläser sahen jetzt gleich aus. Auch der Geschmack schien sich zu verändern.

„Die Erklärung dafür ist recht einfach“, so Dr. Zänglein. „Der Sehsinn ist ein dominierender Sinn. Er kann die anderen Sinne überlagern und so leicht täuschen.“ Entsprechend beeinflusse auch die Farbe den Geschmack von Lebensmitteln. So würde angenommen, rote Lebensmittel seien süßer und fruchtiger. Wie wichtig solche Erkenntnisse und ausgebildete sensorische Fertigkeiten sind, machte auch Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes, deutlich.

„Wir können nur gute Weine machen, wenn unsere Nase und unser Gaumen selbst kleinste Nuancen erfassen .“ Die Sensorik ist deshalb ein Prüfungsfach im Rahmen der Fortbildung zum Staatlich geprüften Meister und Techniker. Aber nicht nur der Wein müsse mit allen Sinnen erfahren werden: Das Prozedere soll künftig auch auf andere regionaltypische Lebensmittel ausgeweitet werden.

Das Ziel: hochwertigere Produkte mit noch mehr Geschmack!

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