Bewusst kaufen, essen und leben!

Lebenslinie im Gespräch mit Food-Coach Bernhard Reiser über die richtige Ernährung von Dialysepatienten

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„Neue Wege zu beschreiten, heißt sich Zeit zu nehmen, eine Extra-Meile zu gehen“, sagt Sternekoch Bernhard Reiser und beschreitet als Dozent für Ernährung und Foodmanagement oder als Berater von Dialysezentren immer neue Wege. Foto: Daniel Biscan

„Neue Wege zu beschreiten, heißt sich Zeit zu nehmen, eine Extra-Meile zu gehen“, sagt Sternekoch Bernhard Reiser und beschreitet als Dozent für Ernährung und Foodmanagement oder als Berater von Dialysezentren immer neue Wege. Foto: Daniel Biscan

Eigeninitiative und Disziplin, das seien die vornehmlichen Eigenschaften, die Dialysepatienten mitbringen müssten, um sich trotz ihrer Krankheit, ausreichend und ausgewogen zu ernähren, sagt Bernhard Reiser, der nicht nur Gourmetküche am Würzburger Stein anbietet, sondern unter anderem auch das Dialysezentrum in Bad Mergentheim berät.

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, das gilt auch für Menschen, die wegen einer schweren Nierenerkrankung zur Dialyse müssen, nur eben anders.

Dialysepatienten sollten sich, um den Behandlungserfolg positiv zu beeinflussen, energiereich, eiweißreich, kalium-, phosphat und salzarm ernähren und zudem ihre tägliche Trinkmenge reduzieren, so Reiser.

Aufgrund eingeschränkter Nierentätigkeit kann eine für gesunde Menschen normale Zufuhr an Flüssigkeit nicht mehr ausgeschieden werden, was zu Wassereinlagerungen in Körper führt. Bei eingeschränkter Flüssigkeitsaufnahme sollte das, was getrunken wird, hochwertig sein, wie Kräutertees oder angereichertes Wasser, sagt der ehemalige Food-Coach der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft.

Das gleiche gilt für Essen: „Menschen mit Niereninsuffizienz sollten ausschließlich hochwertige (1A-Qualität und/oder Bio-Qualität) Lebensmittel zu sich nehmen“. Man ist, was man isst – diese Devise ist alt, und doch immer wieder neu.

Eiweiß als wichtigster Aufbaustoff im Körper geht mit jeder Dialyse verloren. Wenn das Eiweißdepot nicht neu aufgefüllt wird, kommt es zum Muskelabbau. „Gute Eiweißlieferanten sind Fleisch, Fisch- und Getreideprodukte“, so der Dozent für den Studiengang „Food Management“ an der DHBW Mosbach, Reiser.

Zudem sollte – je nach Gesundheitszustand – ein leichtes Muskelaufbau-Training begleitend erfolgen. Ebenso kann zu viel Salz im Essen (beispielsweise in Fertigprodukten), den Wasserhaushalt negativ beeinflussen.

„Selber kochen mit vielen frischen Kräutern“, rät der Sternekoch, da sei man auf der sicheren Seite. Kräuter in Form von Smoothies, Tees oder Salaten seien außerdem kaliumarm und noch dazu gute Eisenlieferanten.

Zur Dialyse (künstliche Blutwäsche) müssen derzeit rund 83000 in Deutschland, Tendenz steigend. Foto: ©depositphotos.com/ Wavebreakmedia

Zur Dialyse (künstliche Blutwäsche) müssen derzeit rund 83000 in Deutschland, Tendenz steigend. Foto: ©depositphotos.com/ Wavebreakmedia

Dialysepatienten, die oft müde sind, können so ihr Eisendepot auffüllen und fühlen sich fitter, weil der Sauerstofftransport im Blut besser funktioniert.

Apropos Kalium – bei einem Nierenversagen kann Kalium nicht mehr ausreichend über den Harn ausgeschieden werden und reichert sich im Körper an. Die Folge können Herzrhythmusstörungen oder sogar ein Herz-Kreislauf-Stillstand sein. Daher sollen sich Dialysepatienten kaliumarm ernähren.

Dass in fast allen Lebensmitteln ein Kaliumanteil vorhanden ist, macht die Sache nicht unbedingt leichter.

Der Ernährungsberater des österreichischen Nachwuchs Skikaders Reiser weiß auch hier ein Rezept: „Man nehme Zettel und Stift… schreibt sich für jedes Lebensmittel, das man nicht mehr essen darf, zwei Neue auf, die man essen darf!“

Gemüse mit geringem Kaliumgehalt seien beispielsweise Gurke, Lauch, Spargel, Eisbergsalat, Zwiebel, Kopfsalat, Radieschen, Auberginen, Möhren, Chicoree, Chinakohl, Paprika, Rotkraut, Weißkraut, Wirsing oder Zucchini.

Zudem gäbe es einen einfachen Trick, den Kaliumanteil in Lebensmittel zu reduzieren, nämlich durch Wässern, weiß der Experte. So lässt man Obst oder Gemüse drei bis fünf Stunden in Wasser stehen,
schüttet das Wasser weg, das nach der Zeit mit Kalium aus den Früchten oder dem Gemüse angereichert ist, und kann die Lebensmittel dann bedenkenloser zu sich nehmen.

Kaliumarme Beilagen wie Reis, Grieß, Teigwaren, Semmelknödel oder optimal gewässerte und gegarte Kartoffeln seien die Alternative für Kohlehydrat-Liebhaber.

Anders als beim Kalium kann Phosphat (wichtige Mineralstoffverbindung für den Knochenstoffwechsel) nicht aus Lebensmitteln entfernt werden, da Phosphat nicht wasserlöslich ist. Daher sollten besonders phosphatreiche Lebensmittel wie Milch oder Hartkäse von Menschen mit Niereninsuffizienz gemieden werden.

Der größte Feind einer Ernährungsumstellung, so referierte Bernhard Reiser kürzlich bei einem Fachseminar im Deutschen Herzzentrum in München, sei die Gewohnheit. Man greife immer nach den gleichen Sachen im Supermarktregal, wenn man sich lässt.

Daher bewusst kaufen, bewusst essen und bewusst leben!

Das Interview mit Food-Coach und Sternekoch Bernhard Reiser führte Lebenslinie Chefredakteurin Susanna Khoury.

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